Full text: Forstwirtschafts-Politik

Aufgaben der künftigen Forstwirtschaftspolitik. 169 
nicht zu denken, weil – von geringen Ödlandflächen abgesehen – die Bodenfläche des 
Deutschen Reiches auf die Forstwirtschaft und die Landwirischaft im großen und ganzen 
schon derart verteilt ist, daß der für die Landwirtschaft geeignete Boden von der Landwirt- 
schaft und der für die Forstwirtschaft geeignete von der Forstwirtschaft benutzt wird und 
eine Vergrößerung der Waldfläche auf Kosten der Landwirtschaft bei der Bedeutsamkeit 
der Deckung des Nahrungsmittelbedarfes unseres Volkes nicht in Frage kommen kann. 
Die Erhaltung des deutschen Waldes ist wegen der von ihm ausgehenden Schutz- 
wirkungen und zur nachhaltigen Befriedigung der Holzbedürfnisse des deutschen Volkes 
unbedingt erforderlich. Das Interesse der nachhaltigen Deckung des deutschen Holzbedarfs 
erfordert aber m e h r als die bloße Erhaltung des deutschen Waldes in seinem jetzigen 
Bestande und seiner jetzigen Verfassung. Es verlangt darüber hinaus auch die möglichste 
Hebung und Förderung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft, deren heutige Lage, ver- 
glichen mit der der Vorkriegszeit, nicht gerade sehr rosig ist. Die dringlichste Aufgabe der 
deutschen Forstwirtschaftspolitik ist es, die deutsche Forst- und Holzwirtschaft zunächst 
einmal auf den Stand der Vorkriegszeit hinaufzuheben. Hat sie diesen Stand erreicht, dann 
kann sie sich darüber hinaus auch noch höhere Ziele stecken. 
Der erste vorbereitende Teil gipfelte in der Erkenntnis, daß gegenüber 1913: 
19 23 zu gering war um 2,1 Millionen Festmeter die Eigengewinnung 
zu gering war um 4,7 Millionen Festmeter die Einfuhr 
zu gering war um 0,3 Millionen Festmeter die Ausfuhr 
zu gering war um 6,5 Millionen Festmeter der Verbrauch 
zu gering war um 6,8 Millionen Festmeter der Bedarf 
19 24 zu gering war um 2,1 Millionen Festmeter die Eigengewinnung 
zu gering war um 5,5 Millionen Festmeter die Einfuhr 
zu stark war um 0,3 Millionen Festmeter die Ausfuhr 
zu gering war um 7,9 Millionen Festmeter der Verbrauch 
zu gering war um 7.6 Millionen Festmeter der Bedarf. 
Das Deutsche Reich hat also zur Zeit en Holz b e d ar f s - Def iz it von rund 
71/2, Millionen Festmeter:), dessen Behebung neben und bei der Er- 
haltung des deutschen Waldes als die wichtigste Aufgabe der künftigen deutschen 
Forstwirtschaftspolitik angesehen werden muß. 
Man könnte zwar auch auf die Behebung dieses Bedarfsdefizits verzichten und zunächst 
den Versuch machen, den Holz verbrauch des deutschen Wirtschafts- 
ge bietes dur<h Zwang s gewalt auf seiner derzeitigen geringen 
Höhe festzuhalten. Eine derartige Beschränkung des Holzverbrauchs ließe sich 
durch Zwangsmaßnahmen, wie ssparsamere Verwendung von Brennholz, Aussetzen 
verschiebbarer Neubauten, Vermeidung zu starker Dimensionen bei Kantholz, Brettern, 
Möbelteilen usw., Ausdehnung des Imprägnierungsverfahrens, das heute in Deutschland 
nur für Schwellen, Leitungsmassten, Hopfenstangen und Weinbergspfähle üblich ist, auch 
auf Grubenhölzer, Lattenzäune und dergleichen?) unter Umständen erreichen. Aber ganz 
abgesehen von der Schwierigkeit der Durchführung dieser Maßnahmen eine solche 
Beschränkung des Holzbedarfs dürfte sich aus volkswirtschaftlichen Gründen kaum empfehlen. 
1) Die geringe Höhe des Holzbedarfs-Defizits des Jahres 1925 (vgl. weiter oben S. 144) 
beruht auf der Überschwemmung des deutschen Holzmarktes mit billigem polnischen, tschecho- 
lezt§t L österreichischen Holz und ist voraussichtlich eine Erscheinung nur vorüber- 
?) Näheres hierüber bei Restle, I. c.
	        
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