186 Regulierung durch Zwangsmaßnahmen.
Deutschen Reiches im Wirtschaftsjahre 1912/13 einen Durchschnittsertrag an Derbholz von
rund 41/2 km je Hektar, die Gemeindeforsten von etwa 31/2 km, die Privatforsten im
ganzen dagegen von nur etwa 21/2 km. ~ Man darf aber hierbei nicht übersehen, daß die
Betriebsergebnisse der Privatforsten grundverschieden sind, je nach Art ihrer Größe. Nach
der Erhebung des Jahres 1913 haben nämlich die großen Privatforssten (die Fideikommiß-
forsten) einen beinahe ebenso hohen Massenertrag gebracht wie die Staatsforsten, nämlich
rund 3,9 km je Hektar. Was dagegen die kleineren Privatforsten anlangt,
so beläuft sich ihr Der b h o lz er t r a g nach der genannten Statistik auf nur etwa
über 2 km, also auf etwa halb soviel als der der Staatswaldungen.
Man könnte auf den Gedanken kommen, diese Zahlen f ü r die Verstaatlichung in die
Wagschale zu werfen. Das wäre jedoch selbst dann, wenn diese Zahlen ganz zuverlässig
wären, deshalb vollkommen verfehlt, weil in diesen Durchschnittszahlen die Gütegrade der
einzelnen Staats- und Privatwaldungen nicht zum Ausdruck kommen.
Während vor der Revolution und vor dem Kriege die überzahl der Praktiker und
Wissenschaftler die volkswirtschaftlichen Vorzüge der Staatswirtschaft offen anerkannte,
ist es neuerdings üblich und geradezu zur Manie geworden, die Staatsforsstwirtschaft
möglichst herunterzusezen und dagegen die vielen Vorzüge der Privatforsstwirtschaft mit
grellen Farben an die Wand zu malen, ein Vorgehen, dessen rein politische Motivation
durchsichtig genug ist. Es sind die sonderbarsten Argumente, mit denen man g e g en den
Staats- und f ü r den Privatforstbetrieb Stimmung zu machen versucht. So behauptet
u. a. Endres !) „ein staatliches Waldmonopol hätte die Schematisierung der Technik
der Forstwirtschaft und die staatliche Bureaukratisierung des Forstbeamtentums zur Folge.
Ein energischer Chef des staatlichen Forstbetriebes könnte diesem seine vielleicht ganz ein-
seitigen und verfehlten Wirtschaftsgrundsätze aufdrücken und dadurch die Forstwirtschaft des
ganzen Landes auf Jahrzehnte hinaus in falsche Bahnen lenken. Gerade die wechselseitigen
Anregungen zwischen Staats- und Privatwaldwirtschaft hätten bisher die forstliche Technik
belebt und gefördert und einseitige Richtungen eingedämmt. Und wenn die Berufsforstwirte
nur im Staatsbetrieb Anstellung und Betätigung finden könnten, dann ginge die Initiative
verloren, an ihre Stelle würde der zunftmäßige Zwang und die Unzufriedenheit treten.
Indem der Stand der Privatwaldbessitzer verschwinden würde, würden auch deren
Kenntnisse, Erfahrungen und Energien für die Forstwirtschaft und Volkswirtschaft verloren-
gehen. Die gesamten forstlichen Fachkenntnisse würden einen staatlichen Stempel tragen,
ja die Gefahr wäre nicht von der Hand zu weisen, daß die gesamte Forstwissenschaft
als solche staatlich monopolisiert würde.“ Gewiß: ein energischer Chef einer Staatsforst-
verwaltung kann dieser seine vielleicht ganz einseitigen Grundsätze aufdrücken ein
energischer Chef einer großen Privatforstverwaltung kann das aber auch tun. Daß mit
dem Staatsforstbetrieb unbedingt und zwangsläufig „zunftmäßiger Zwang und Unfreiheit“
verbunden wären, kann in dieser Allgemeinheit nicht behauptet werden. Es hat schon von
jeher Staatsforstverwaltungen gegeben und gibt heute noch Staatsforstverwaltungen, in
denen ein solcher Zwang nicht herrscht. Es sei hier nur an die badische Staatsverwaltung
unter der Aera Greet s < erinnert, der man diesen Vorwurf doch gewiß nicht machen
kann. In denjenigen Staatsforslverwaltungen, in denen dieser Zwang besteht, läßt sich
diesem Mißstande durch eine entsprechende Dezentralisation leicht abhelfen. Iedenfalls ist
der „zunftmäßige Zwang“ nicht – wie End r es behauptet ~ etwas der Staatsforst-
1) Endres, I. c., S. 445.