Einleitung.
daß Hun des hagen der Vater dieser Einteilung sei, ist unzutreffend). Walther
hat unsere Wissenschaft als Erster in eine „Privatforstwissenschaft“ und eine „Staatsforst-
wissenschaft“ gegliedert. Unter ,„Privatforstwissenschaft“ versteht er die „Ökonomie der
Privatwälder“. Seine „Staatsforstwissenschaft“ aber umfaßt nicht bloß „die Ökonomie der
dem Staat zustehenden Forste, sondern auch die Kommunalwälder, die Forstpolizei über
alle im Staat befindlichen Wälder und das Forstrecht“. Sie ist also noch keineswegs
identisch mit dem, was man in neuerer Zeit Forstwirtschaftspolitik nennt. Denn sie
umfaßt in erster Linie die Ökonomie der dem Staat und den Kommunen gehörenden
Forsten und erst in zweiter Linie und nur nebenbei auch die „Forsstpolizei über alle im Staat
befindlichen Wälder“. Der erste Keim einer „Forstwirtschaftspolitik“ war also schon da,
er war aber noch verhüllt und umwuchert von fremdem Beiwerk. Man erfaßte den
grundlegenden Unterschied zwischen Forstwirtschaft und Forstwirtschaftspolitik noch nicht,
man sah noch nicht, daß es prinzipiell ein anderes ist: Forstwirtschaft treiben und ein
anderes, die Ausübung der Forstwirtschaft innerhalb .des Staates regulieren. Man erkannte
auch nicht, daß der Staat, wenn er Forstwirtschaft treibt, genau so gut als Forstwirt
anzusehen ist, wie jede Forstwirtschaft treibende Genossenschaft, jede Gemeinde und jeder
Privatforstwirt auch.
Auch die älteren Spezialdarstellungen der sogenannten „Staatsforstwirtschaftslehre“
oder „Forsstdirektionslehre“?) beschäftigen sich in der Hauptsache, ja zum Teil ausschließlich
mit der Verwaltung der fiskalischen Staatsforsten und erwähnen die polizeilichen Aufgaben
des Staates nur nebenbei. Sie stellen noch ein bunt zusammengewürfeltes Konglomerat
von Bruchstücken der verschiedensten Wissensgebiete dar und enthalten neben der Staats-
forstwirtschaftslehre und Forsstpolizei auch noch Stücke aus der Forstverwaltungskunde,
dem Staatsrecht, Privatrecht, der allgemeinen Wirtschaftslehre usw. Dieses Vielerlei der
verschiedenartigsten Wisssenselemente ist kein durch ein übergreifendes Gedankenband
miteinander verschmolzenes Ganzes, sondern nur künstlich und gewaltsam zusammen-
gepfercht unter dem schillernden Oberbegriff einer sogenannten „Staatsforstwirtschaftslehre“.
Dieses Schaustück einer wissenschaftlichen Disziplin konnte nicht lange existieren, es
mußte notgedrungen bald in seine Bruchstücke zerfallen. Seine Auflösung wurde eingeleitet
durch Hundeshagen, dessen „Allgemeine Forstpolizeilehre“ sich von der „Staats-
forstwirtschaftslehre“ älterer Auffassung nicht nur durch eine Ausmerzung manches Fremd-
körpers, sondern vor allem auch durch eine gründlichere Würdigung der forstpolizeilichen
Aufgabe des Staates, d. h. der eigentlichen Forstwirtschaftspolitik auszeichnet. Die volle
Entwirrung des Knäuels der älteren Staatsforstwirtschaftslehre ist aber auch diesem
hervorragenden Systematiker nicht gelungen. Auch seine „Allgemeine Forstpolizeilehre“
enthält noch ganz wie die „Staatsforstwissenschaft“ W a lt h e r s neben der „Besonderen
Forstpolizei“ auch eine „Staatsforstwirtschaft“, die sich mit der „Selbstverwaltung der
Staats- und Domänenforste“ befaßt. Die Verquickung der Forstpolizei, d. h. der Forst-
1) Vgl. des Verfassers Abhandlung: „Johann Christian Hundeshagens wahre Bedeutung für
die Entwicklung des Systems unserer Wisssenschaft“, „Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen“, 1921,
November-Heft.
?) G. v. k gitter: „Versuch einer Darstellung der allgemeinen Grundsätze der Forstwissen-
schaft nach ihren Verhältnissen zu der Staats-, Kameral- und Landwirtschaft“, Ulm 1804.
G. L. Hartig, „Grundsätze der Forstdirektion“, Gießen 1813.
C. P. L aur o p, „Die Staatsforstwirlschaftslehre“, Gießen 1818.
C. Fr. M e y er, ,„Forstdirektionslehre“, Würzburg 1819.