Verhältnis der Forsstwirtschaftspolitik zur Wirtschaftspolitik und Forstwirtschaftslehre. 1.1
aber von dem der Wirtsschaftspolitik aus aufgebaut. Die durch die Zusammenstellung dieser
beiden Lehren entstehende sogenannte „Forstwissenschaft“ gründet sich somit auf zwei ganz
verschiedene Standpunkte. Anstatt alles für die Forstwirtschaft in Betracht kommende
Wissen von einem Fixpunkte aus zu betrachten und zu diesem einen Fixpunkt in Beziehung
zu setzen, haben die Erbauer unserer überkommenen „Forstwissenschaft“ dieses Wissen auf
zwei ganz verschiedene Koordinatensysteme bezogen und so zwar eine gegliederte Anhäufung
von Wissen, aber keine echte Wissenschaft, kein Wissenschafts-Ganzes geschaffen. Die Zwie-
spältigkeit ihres Standpunktes machte den Aufbau eines solchen Ganzen von vornherein
illusorisch.
Das unserer überkommenen Forsstwissenschaft in der Form der sogenannten ,„Forst-
politik“, in der Gestalt einer praktischen Disziplin, zu Unrecht einverleibte Wissensgefüge
der wirtschaftspolitischen Grundlagen ist im Laufe der Zeit mit einer wahren Blütenlese
der verschiedenartigsten Namen belegt worden. Da hat man ganz im Anfang der Ent-
wicklung zunächst von einer sogenannten „Höheren «Forsstwissenschaft“ und einer „Inneren
Forstwissenschaft“ gesprochen; dann von einer Forstverfassungslehre, Forstdirektionslehre,
Staatsforstwirtschaftslehre, Forstpolizei, Staatsforstwissenschaft, und endlich von einer
Forsstpolitik und Forstwirtschaftspolitik, und mit all diesen Ausdrücken hat man ungefähr
den Gegenstand bezeichnen wollen, der uns hier angeht. Der Ausbund von Namen, der
bunle Wechsel des sprachlichen Gewandes, in dem dieses Wissensgefüge durch die Geschichte
unserer Wissenschaft dahinschreitet, ist schon ein Beweis für seine mangelhafte Systematik.
Aber damit nicht genug, man hat dieses Wissensgefüge nicht nur mit den unterschiedlichsten,
nach den versschiedenartigsten Bedeutungen hinschielenden Ausdrücken bezeichnet, man hat
auch mit diesen Zeichen wieder die verschiedenartigsten Bedeutungen und Begriffe verknüpft.
Es ist ein Durcheinander, das in keiner anderen Wissenschaft seinesgleichen findet.
Die Entstehung und allmähliche Herausbildung dieses Chamäleons unter den Diszi-
plinen unserer Wissenschaft wurde bedingt durch die eigenartige Entstehungsgesschichte
unserer Wissenschaft. Diese Entstehungsgeschichte trägt die Hauptschuld daran, daß sich die
Frage der Zugehörigkeit und der systematischen Eingliederung der wirtschaftspolitischen
Voraussetzungen unserer Wissenschaft zu einer der kompliziertesten und heißumstrittensten
Fragen unserer Wissenschaft ausgewachsen hat, von deren Beantwortung in diesem oder
jenem Sinne sehr viel abhängt.
Die dem heute herrschenden System unserer Wissenschaft zugrunde liegende Lösung
dieses Problems entspringt letztlich der Tatsache, daß unsere ertagende Wissenschaft zunächst
nur Staatsforstwirtschaftslehre war. Für diese Staatsforsstwirtschaftslehre, wie sie am
typischsten in dem System v. Bur g d or f s ausgeprägt ist, gab es noch keine Privatforst-
wirtschaftslehre und deshalb auch noch keinen Gegensatz zwischen Staats- und Privat-
forstwirtschaftslehre. Denn sie war reine Staatsforstwirtschaftslehre, faßte die Forstwirt-
schaft nur in Beziehung zum Staat, nur als Staatsforstverwaltung auf. Die Ausübung
der Forstwirtschaft selbst und die staatliche Fürsorge für deren Ausführung fielen in dieser
Forstwissenschaft noch in eins zusammen.
v. Bur g s dor f gliederte seine gesamte „Forstlehre“ wieder in zwei Hauptteile,
eine niedere Forstlehre und eine höhere Forstlehre.
Die Einführung dieser Gliederung, die sich an rein äußerliche Merkmale hält, ist keine
systematische Großtat. Ihr Schöpfer, der als eitler und sselbstgefälliger Mann bekannt ist,
war indes nicht wenig stolz auf diese von ihm eingeführte systematische Neuerung. Im
„Vorbericht“ zu seinem im Jahre 1796 veröffentlichten zweiten Teile seines „Forsthand-