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keit hinsichtlich jedes einzelnen Betriebes untersucht. Wenn also aus der
Betriebszählung 1902 festgestellt wurde, daß es z. B. in der Größentlasse
29 ha der produktiven Släche (zudem sind die Größenklassen ungleich,
wodurch der Willkür Tür und Tor geöffnet ist) im ganzen 715.610 Betriebe
mit Rindern gab und die Gesamtzahl der Rinder 1,975.503 betrug, daher
auf einem Betrieb 2.8 Rinder entfielen, wie sollte aus dieser Seststellung
geschlossen werden, ob das Verhältnis zwischen produktiver Fläche und
Viehhaltung ein rationelles sei? Oder allgemein ausgedrückt: Jeder Er-
scheinung, also auch der wirtschaftlichen (und hier sind sie besonders ver-
wickelt), liegt ein ganz bestimmter Ursachenkomplex zugrunde, welcher an
der Erscheinung wesentliche, sie ganz bestimmt kennzeichnende Merkmale
hervorbringt. Will man nun umgekehrt aus den Merkmalen auf den zu-
grundeliegenden Ursachenkomplex zurückschließen, so ist es selbstverständlich,
da ja die Ursachen im Komplexe gleichzeitig wirksam sind, daß man nicht
jedes Merkmal für sich allein betrachten darf, sondern ihre gegenseitige
Abhängigkeit prüfen muß, was nur möglich ist, wenn man die Mertmale
nicht aus dem organischen Ganzen gewaltsam herausreißt. Jedes wissen-
schaftliche Sorschen muß zu dem zugrundeliegenden Ursachenkomplex vor-
zudringen suchen, denn nur auf diese Weise kann das Wesen der Erscheinung
eiwandfrei erkannt werden. Auf diese Weise könnte eine Sülle von wichtigen
Problemen aufgeklärt und damit tragfähige Richtlinien für eine rationelle
Betriebsführung und für die so notwendige Intensivierung der Landwirt-
schaft überhaupt aufgefunden werden. Außer dem bereits angeführten
Problem möchte ich beispielsweise nur noch anführen: Das Verhältnis
zwischen dem bearbeiteten Grund und Boden und der darauf aufge-
wendeten Menge von Arbeit und Kapital, das Verhältnis der Betriebsform
zur Größe des Betriebes und zu den Betriebsmitteln, die sozialpolitisch be-
deutsame Trennung in Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das Verhältnis der
verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionszweige zueinander u. dgl. m.
Fille diese für die Hebung der Landwirtschaft ungemein wichtigen Zu-
sammenhänge und Einblicke erhält man aber nur, wenn man hinsichtlich
jedes einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes wesentliche Merkmale fest-
stellt und ihre gegenseitigen Abhängigkeiten im Wege der organischen
Untersuchung durchforscht. Vom einzelnenlandwirtschaftlichenBetrieb wür-
de uns beispielsweise interessieren, ob der B e sitz er als Betriebsinhaber
eine einzelne Person ist oder mehrere Inhaber vorhanden sind, oder ob es
sich um eine juristische Person (Aktiengesellschaft, Erwerbs- und Wirtschafts-
genossenschaft, Dereinsstiftung, öffentlicher Fonds, Gemeinde, Land oder
Staat usw,) handelt, ob bei größeren Gütern die Leitung in Händen eines
Güterdirektors, Vorstandes einer Genossenschaft usw. liegt, ob und in
welchem fFusmaße auf dem Besitze ein Pächter wirtschaftet u.dgl.m. Hinsicht-
lich der Betriebs größe e ist zunächst zu unterscheiden der Großgrund-