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Zeiten ohne Ruin seines Besitzers überstehen kann. Wer heute
meint, Ersparnisse auf die hohe Kante legen zu müssen, wird zum Narren
werden. Wer jeden Pfennig, den er erübrigt und geliehen erhalten kann,
in den Betrieb steckt, um dessen Erträge und Ertragsfähigkeit zu steigern,
der wird als vorsorglicher Hausvater bestehen.
Es ist nicht wahr, daß man heute (1922) deshalb nicht bauen kann,
weil die Gebäude zu teuer geworden sind, daß man keine arbeitsparenden
Einrichtungen schaffen kann, weil diese zu teuer sind, daß man nicht
drainieren und keine sonstigen Meliorationen durchführen kann, weil diese
zu teuer sind. Heute kann man alle diese Dinge noch durchführen, weil
die Kosten im Vergleich zu den Erzeugnispreisen nicht gestiegen sind. Die
Zeiten, wo solche Betriebsverbesserungen von Landwirten nicht
bezahlt werden können, sind nicht heute, sondern sie werden erst
mit der wachsenden Eingliederung unserer Volkswirtschaft in die
Weltwirtschaft kommen.“
Grundsätzlich ist alles so gekommen, wie ich vorausgesagt habe. Im
Ausmaß aber ist alles viel schlimmer gelaufen, weil der Ruhrkampf die
Geldentwertung und mit ihr die Ausplünderung des ganzen Deutschen
Reiches in ein Galopptempo versetzt hat, bis so gut wie nichts mehr zu
entwerten war.
Das Rheinland haben wir Gott sei Dank gehalten. Aber an den
Kosten des deutschen Rheines werden wir noch manches Jahrzehnt zu
würgen haben. Wollen wir darum jammern und klagen?
Je unfähiger der Mensch ist, desto mehr klagt er bei jedem Miß-
geschick und Unglück das Schictsal an. Je tüchtiger der Mensch ist, desto
mehr beißt er im Unglück die Zähne aufeinander, desto mehr rafft er seine
ganze Arbeitsenergie zusammen, um wieder hoch zu kommen. Noch ist die
Hauptmasse des deutschen Volkes nicht völlig entmannt. Ist schon das
Leben der Güter höchstes nicht, noch viel weniger sind es die materiellen
Güter, um die es ja doch zunächst allein geht. Ist es wirklich so schlimm,
wenn wir an materiellen Gütern erheblich ärmer geworden sind, wir uns
alle auf wirtschaftlichem Gebiete stark einschränken müssen? Ich glaube das
nicht. Denken wir daran, wie bescheiden unsere Vorfahren noch vor hundert
Jahren gelebt und was sie nach den Freiheitskriegen geleistet haben. Auch
damals konnte man in Deutschland Rittergüter gegen die Bezahlung ge-
ringer Steuerreste kaufen, und doch ist die deutsche Landwirtschaft nach
etlichen Jahrzehnten der Not wieder hoch gekommen, ja wie nie vorher
erblüht, so erblüht, wie sie niemals hätte erblühen können, wenn die
Freiheitskriege nicht als Zuchtrute vorangegangen wären. Wollen wir aber
die rechten Wege zum Aufstiege auch auf matcriellem Gebiete finden, so ist
eine klare Einsicht in unsere Lage erste Voraussezung. Im Augenblicke