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Heraushelfen aus dieser allgemeinen Not können nur Me feet
rationellere Arbeit und Sparsamkeit des ganzen Volkes. Diese \aklei D
können ganz allmählich zu einer gesunden Kapitalbildung SC Kien «*
Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte heben. Diese Mehrarbeit undf
Sparsamkeit müssen in allen Berufen und Bevölkerungsschichten endlich
Platz greifen, beginnend bei den Staatsregierungen und allen ihren Organen.
Ein armes Volk kann nicht dasselbe verbrauchen wie ein reiches. Tut es
dies zeitweilig doch, so wird es in Zukunft um so mehr darben.
Unsere Zahlungsbilanz war im Jahre 1924 mit rund 3 Milliarden
Reichsmark passiv. Im Jahre 1925 werden es annähernd 4 Milliarden
werden. Das bedeutet doch nichts als fortgesettten Ausverkauf des Restes
unseres Volksvermögens ans Ausland infolge ungenügender Arbeit und
Sparsamkeit. Unmöglich kann das lange gehen. Einmal wird unsere
Zahlungsbilanz aus der Passivität herauskommen, selbst wenn große Teile
des deutschen Volkes dabei zugrunde gehen sollten. Auch in Rußland ist
die Zahlungsbilanz aktiv geworden.
Wenn so schon das Bild der absehbaren wirtschaftlichen Zukunft des
deutschen Volkes ein ziemlich düsteres ist, so kann das auch bezüglich der
deutschen Landwirtschaft nicht viel anders sein. In diesem Herbsste haben
allerdings besonders viele, sehr ungünstige Momente zusammengewirkt, um
das derzeitige traurige Bild zu zeitigen. Obenan steht dabei die über
Erwarten hohe Welternte, besonders in Getreide, namentlich in Roggen.
Zugleich aber ist der Roggenbedarf in den Vereinigten Staaten infolge der
Trockenlegung derselben stark gesunken. Früher wurde ein großer Teil der
dort und in Kanada geernteten Roggenmengen zu Whisky verbrannt. Diese
Verhältnisse haben besonders die Preise für unseren Exportroggen wesentlich
gedrückt. Auch die gute Roggenernte in Polen hat die Preise des Roggens
in unseren wichtigsten Exportländern Schweden, Norwegen, Finnland,
Baltikum sehr ungünstig beeinflußt. Dann ist besonders dazu gekommen,
daß die Aussicht auf Getreidezölle Leute, die nicht wußten, daß Deutschland
gar keinen Mangel an Brotgetreide überhaupt, sondern nur einen spezifischen
Mangel an Weizen als Umtauschgut für Roggen aufweist, die deshalb auch
glaubten, daß die Getreidezölle die Inlandspreise stark steigern würden, zu
einer spekulativen Einfuhr an Mehl und Getreide verleitet haben, welche
stark drückend auf die Preise eingewirkt hat.1) Das Schlimmste dabei war,
daß dies mit den Notverkäufen der Landwirte vor den Wechselfälligkeits-
terminen zusammenfiel und auch der Handel und die Mühlen bei der un-
geheuren Geldknappheit keine Vorratskäufe machen konnten. Die Folge
war, daß die Roggenpreise im Inlande zeitweilig unter die Weltmarkts-
1) In Ostpreußen kostete z. B. die Tonne Roggen Mitte Juli d. J. noch 224,50 Mart,
anfangs Oktober nur noch 144 Mark.