hauptsächlich infolge des Widerstandes der proletarischen Klassen unmöglich
war, bewaffneten sie revolutionäre Truppen. Als das alte Regime schon lange
nicht mehr bestand, beharrte man dabei, es anzuerkennen. Die auf Kosten der
Entente gegen Rußland bewaffneten revolutionären Heere fielen eins nach
dem andern. Koltchak, Denikine, Judehic, Wrangel stießen nicht nur auf den
bewaffneten Widerstand des Sowjet-Heeres, sondern auch auf die Abneigung
des russischen Volkes. Dies waren nicht Männer, die für ihr Land eine freie
Staatsform gegenüber der bolschewistischen Gewalt erkämpfen wollten, son-
dern Männer der Vergangenheit, der alten Gesinnung, welche für die Wieder-
kehr des Zarismus kämpften, d.h. für eine erniedrigende Regierungsform,
schlimmer und unmoralischer als jede andere, jene verabscheuungswürdige
Regierung, die alle Gewalttätigkeiten des Bolschewismus vorbereitet hatte.
Nach den militärischen Mißerfolgen kam der Wirtschaftskrieg. Man hat,
wie damals gesagt wurde, die eiserne Kette, le fil barbele&, um die Russen
schlingen wollen, Diese Isolierung sollte durch Hungersnot ihren Zusammen-
bruch beschleunigen. Dieser Gedanke war unmöglich und unmoralisch zu-
gleich. Die Europäer haben sich überall, wo es Verdienstmöglichkeit gibt,
dem Handel gewidmet, Sie treiben auch Handel mit unmoralischen Dingen —
mit Opium in China, indischen Götzen, Nervenreizmitteln usw. Vor nicht
langer Zeit bedrohte man China, weil es den Opiumhandel verhindern wollte.
Die puritanischesten Völker stehen auch mit wilden Völkern, selbst Kanni-
balen in Handelsbeziehungen und verschmähen es nicht, ungeheuere Summen
durch den Handel mit Alkohol zu verdienen und ganze Völker zu zerstören,
die dieses Gift der europäischen Gesellschaft nicht gewöhnt sind. Es war nur
ein Akt politischer Feindseligkeit, mit Rußland keinen Handel zu treiben.
Die Bolschewisten haben nicht nachgegeben; sie haben jede Finanzaufsicht
abgelehnt und die nationale Sache wahrhaft verteidigt. Danach aber beeilten
sich alle europäischen Staaten, einer nach dem andern, Rußland anzuer-
kennen, in der Hoffnung kapitalistischer Konzessionen und materieller Vor-
teile, die Rußland aber versagte und immer versagen muß, wenn es seine
Freiheit nicht verlieren will.
Ein sehr angesehenes Haupt eines orientalischen Staates besuchte mich‘ vor
einigen Jahren, um sich Rat zu holen. Nachdem ich alle seine Fragen beant-
wortet hatte, gab ich ihm den zusammenfassenden Rat: Mißtraut dem euro-
päischen Kapitalismus, der von räuberischem Geist beseelt ist. Erleichtert den
Handel aller Staaten; aber macht niemals unter irgend einem Titel besondere
Konzessionen, welche in irgend einer Weise euere Unabhängigkeit und Selb-
ständigkeit beschränken könnten.
Bolschewismus
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