Il. Teil.
Das lettländische Wirtschaftsleben.
Finige methodische Bemerkungen zur Wirtschaftsforschung.
Das Wirtschaitsleben Lettlands hat in Fachkreisen immer
ein grosses Interesse hervorgerufen, sowohl vor dem Kriege
als auch insbesondere nach der Begründung des unabhängigen
Lettland. Vor dem Weltkriege war es die Entwicklung der
Jettländischen Häfen, der Transitverkehr, die Schwerindustrie,
die Arbeiterfrage, aber auch Handel und Schiffahrt (z. B. das
Problem über die Wasserstrasse Schwarzes Meer-Baltisches
Meer via Cherson) und nicht minder das Genossenschaftswe-
sen und die Landwirtschaft, dem angemessene Achtung ge-
zollt wurde. Und so entstand eine ganze Reihe von Fach-
schriften, in denen die obengenannten Fragen behandelt wur-
den. Mit der Begründung des Rigaschen Polytechnikums und
nach Wiedereröffnung der Universität Dorpat, wurde auch ein
Zentrum für wissenschaftliche Erforschung der ver-
schiedenen Zweige des baltischen Lebens geschaffen, im Sspe-
ziellen der physikalischen Geographie und der forstwirtschaft-
lichen und landwirtschaftlichen Gebiete des baltischen Wirt-
schaftslebens. Die entsprechenden Abteilungen des Polytech-
nikums mit ihren Versuchsstationen, insbesondere die land-
wirtschaftliche, chemische, wirtschaftliche u. a. haben in Be-
zug auf die Erforschung der Wirtschaftsphysiognomie des Lan-
des Bedeutendes geleistet. Auch die bestehenden Fachverei-
nigungen haben sich um die Erforschung und Förderung der
baltischen Wirtschaft grosse Verdienste erworben, insbeson-
dere der Zentralverein und der Oekonomische Verein der lett-
ländischen Landwirte, der Technische Verein, die verschie-
denen kaufmännischen Vereinigungen, von denen besonders
das Börsenkomitee erwähnt sei, dessen statistische Abtei-
lung vorbildlich organisiert war. Es gab ja auch viel Material
zum Verarbeiten, denn die baltische Wirtschaft durchlebte in
dem Jahrzehnte vor dem Weltkriege ihre Mochkonjunktur.
Der grösste Teil der entsprechenden Fachliteratur endet mit
wenigen Ausnahmen mit dem Jahre 1914.
Inter arma musae silent — aber nicht nur die Kunst,
sondern auch die wissenschaiftliche Forschung gedeihtnichtmehr
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