Full text: Die Soziologie

Die Gesellschaft und die gesellschaftlichen Beziehungen 19 
daher gleich an dieser Stelle ausgesprochen werden, was nach 
meiner Ansicht ihren wesentlichsten Inhalt ausmacht. Die 
internen, organischen Beziehungen sind im Prinzip unbewußt. 
Im Gegensatz dazu sind die externen, sozialen Beziehungen im 
Prinzip bewußt. Die lebenden Geschöpfe machen sich eine be- 
stimmte Vorstellung voneinander und lassen sich in ihren äußeren 
Handlungen von dieser Vorstellung leiten. 
Dieser soeben dargelegte Grundsatz soll sogleich angewendet 
werden. Mit seiner Hilfe läßt sich tatsächlich erkennen, daß das 
Gebiet des Organischen und das des Sozialen nicht die gleiche 
Ausdehnung haben. Das soziale Gebiet ist nach keiner Richtung 
hin ausgedehnter als das organische. Eine Gesellschaft existiert 
nur unter lebenden Wesen. Nur bildlich gesprochen läßt sich 
die Bezeichnung »Gesellschaft« auf Gestirne und Atome an- 
wenden. Dagegen ist das soziale Gebiet in vielen Punkten weniger 
ausgedehnt als das organische. Dies erfordert eine deutlichere 
Erklärung. 
Vor allem gibt es eine ganze Gruppe von Lebewesen ohne 
eigentliche Gesellschaftsbildungen: das sind die Pflanzen. Aller- 
dings ist auch schon zuweilen das Gegenteil behauptet worden. 
Man hat sich bemüht, eine Vergesellschaftung in der Grup- 
pierung zweier Pflanzen von verschiedenen Arten oder mehrerer 
Pflanzen der gleichen Art, oder auch mehrerer Pflanzen unter- 
schiedlicher Arten zu erblicken. Ein Beispiel für den ersten Fall 
ist die Verbindung des Pilzes mit der Alge zur Flechte, ein Bei- 
spiel für den zweiten wäre die Anhäufung von Eichen, Tannen 
oder Fichten, welche zusammen einen Wald bilden. Der dritte 
Fall entsteht aus dem zweiten, wenn man bedenkt, daß in einem 
Walde nicht nur Pflanzen von der einen vorherrschenden Art, 
durch welche er den Namen und das äußere Gepräge erhält, 
vorhanden sind, sondern daß dazu auch andere Gewächse, klei- 
nere und untergeordnete, gehören und im Schatten der großen 
Jeben. Ein noch geeigneteres Beispiel für den Typus einer 
Pflanzenfamilie der dritten Art wäre der Garten. 
Es lassen sich gewiß sehr interessante botanische Studien über 
diese verschiedenen Probleme anstellen. Aber das können stets 
nur rein botanische Studien sein. Augenscheinlich üben die 
Beziehungen der benachbarten Pflanzen zueinander auf jede 
von ihnen einen gewissen Einfluß aus und wirken auf ihr organi- 
sches Leben zurück. Nur ist das diesen Verbindungen zugrunde
	        
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