Über die Produktionskapazität der Maschinenindustrie liegen bei keinem der in Betracht
kommenden Länder statistische Angaben vor.
Zu Schätzungen kann man auf doppelte Art gelangen:
1. Man kann bei solchen Ländern, in denen Produktionsstatistiken bestehen, die tatsäch-
liche Produktion auf dem Gipfel der Hochkonjunktur mit der Produktionskapazität
gleichsetzen, von der Erwägung ausgehend, daß auf dem Höhepunkt der Konjunktur die
Produktionskapazität im allgemeinen voll ausgenutzt sein dürfte.
?r. Man kann aus einer Gegenüberstellung der Ziffern des Beschäftigungsgrades in v. H. der
vollen Belegschaftsstärke und der Ziffern der tatsächlichen Produktion auf die Größe
der Produktion bei voller Belegschaftsstärke schließen. ,
Auf diesem Wege gelangt man jedoch nur für die Nachkriegszeit zu Schätzungen der
Produktionskapazität, da für die Vorkriegszeit die erforderlichen Angaben über den Be-
schäftigungsgrad fehlen. Für die Vorkriegszeit kommt man auf Grund allgemeiner Er-
wägungen zu folgendem Ergebnis:
Das Jahr 1913 war der Höhepunkt des letzten Konjunkturkreislaufes vor dem Krieg, wie
daraus hervorgeht, daß Roheisen- und Rohstahlerzeugung in sämtlichen Ländern von 1912
auf 1913 noch eine starke Steigerung aufzuweisen haben. Man kann also nach der oben unter
1. angestellten Erwägung, die Produktionskapazität der tatsächlichen Produktion des Jahres
1913 gleichsetzen.
Für die Nachkriegszeit ergibt sich für die verschiedenen Länder folgende Größe der
Produktionskapazität:
1. Vereinigte Staaten. Für die Vereinigten Staaten liegt zwar die Produktionsziffer für
das Hochkonjunkturjahr 1919 vor. Da aber seit dieser Zeit der Goldwert stark gestiegen ist
und sich infolgedessen die Maschinenpreise gesenkt haben, ergäbe sich, wenn man den Pro-
duktionswert dieses Jahres gleich der Produktionskapazität setzte, ein viel zu hoher Betrag
für diese. Ein Maschinenindex, mit Hilfe dessen man den Einfluß der Preissenkung auf den
Produktionswert ausschalten könnte, existiert aber nicht. Auf diesem Wege gelangt man also
praktisch wegen der einmaligen starken Preissenkung zu keinem Ergebnis. Man muß infolge-
dessen die Produktionskapazität mit Hilfe des Beschäftigungsgrades errechnen.
Der Beschäftigungsgrad betrug im Jahre 1923 im Maschinenbau 90% des Jahres 1920
(Hochkonjunkturjahr); die tatsächliche Produktion war 1923 15334 Mill. M. Daraus ergibt
sich eine Produktionskapazität von etwa 17000 Millionen oder in Vorkriegswerten von
11330 Millionen Mark. Bei dieser Art der Berechnung ist allerdings der Einfluß der Ratio-
nalisierung nicht berücksichtigt.
2. Großbritannien. Die Produktion betrug 1925 bei einem Beschäftigungsgrad von 87,4 %
(nach der in Prozent der Versicherten errechneten Arbeitslosigkeitsziffer im allgemeinen
Maschinenbau) 3 010 Millionen Mark. Die Produktionskapazität betrug demnach in Nach-
kriegswerten 3460 Millionen Mark. in Vorkriegswerten also 2307 Millionen Mark.
3. Deutschland. Deutschland hatte im Jahre 1925 eine Produktion von etwa 2900 Mil-
lionen Mark bei einem Beschäftigungsgrad (nach dem Verhältnis der tatsächlichen Arbeiter-
zahl zur Zahl der Arbeiter bei voller Betriebsausnutzung) von etwa 72%.
Man kann jedoch hier nicht wie bei den beiden anderen Staaten von dem Beschäftigungs-
grad unmittelbar auf die Produktionskapazität schließen, da im Jahre 1925 — insbesondere
im letzten Vierteljahr — stark mit Kurzarbeit gearbeitet wurde, was in der Beschäftigungs-
ziffer nicht zum Vorschein kommt, und da ferner bei der damals neu einsetzenden Krise.
wie immer im ersten Stadium der Depression, von den Unternehmungen in der Hoffnung auf
baldige Besserung der Lage der Versuch gemacht wurde, die Arbeiter mit Kurzarbeit und
Beschäftigung mehr unproduktiver Art, durchzuhalten.
Man wird deshalb zu einem einwandfreieren Resultat kommen, wenn man bei einer Er-
rechnung der Produktionskapazität vom dritten Vierteljahr 1926 ausgeht, da einerseits hier
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