Vorwort
Die Sozialökonomik ist eine vergleichsweise junge Wissen=
schaft, aber sie besteht doch schon so lange, daß die großen
Gegensäbe, die zwischen ihren Vertretern abgesehen von dem
Streit über Teillehren in Bezug auf die Ausgangspunkte, Grund:
begriffe, Methode usw. noch immer bestehen, tief bedauerlich
sind. Der schärfste Gegensatz besteht wohl zwischen den Ver:-
tretern der individualistisch=liberalen und denen der sozia=
listischen Theorie. Für die selbstverständliche Forderung der
Einheit der Wissenschaft ist nun jede Auseinandersegung zur
Ueberwindung dieser Gegensäge von größter Bedeutung,
Ueber einen solchen Versuch berichtet Oppenheimer im dritten
Band seines Systems der Soziologie (I. Halbband, S. 191):
„Diese beiden Theorien (die bürgerliche und die sozialistische)
stehen gegeneinander und versuchen kaum noch, sich mit
wissenschaftlichen Mitteln auseinander zu segen. Ein Duell
von der Großartigkeit, wie es Böhm=-Bawerk seinerzeit mit
dem begabtesten der jüngeren Marxisten, Hilferding, ausge
fochten hat, hat sich nicht wiederholt und hat überdies zu
keiner Einigung geführt.“ !) Böhm kritisiert nicht einzelne Teile
der Marxschen Lehre, sondern greift ihn auf der ganzen
Linie an. Er glaubt, ihm das Fundament entziehen und damit
das ganze Gebäude zum Einsturz bringen zu können. Hilfer»
ding gibt nun Böhm=Bawerk keinerlei Erfolg zu, sondern
greift seine Kritik als Ganzes und im Einzelnen als unzuläng»
lich und unberechtigt an und hält die Marxsche Lehre voll
ständig aufrecht. Es ist also durchaus richtig, wenn Oppen-
") Oppenheimer macht für die Abhandlung von Böhm die unrichtige Quellenangabe :
„Zur Kritik des ökonomischen Systems von Karl Marx‘, Brauns Archiv S. 587. Diese
Angabe findet sich bei Hilferding als Anmerkung auf der 1. Seite und bezieht sich auf
einen von ihm angeführten Ausdruck in der so lautenden Abhandlung von Sombart,
die bereits S.555 beginnt. Oppenheimer hat diese Anmerkung mit der auf der folgen.
den Seite verwechselt, die die richtige Ouellenangabe enthält.
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