Der Objektivismus und der Subjektivismus in der politischen Oekonomie 41
würde er sich einen Begriff über den gesamten Mechanismus,
wenn auch in seiner einfachsten Form, bilden können*?.“
Und vorher: „Ich behaupte, daß die politische Oeko-
nomie ihr Ziel erreichen und ihre Mission erfüllen würde, wenn
sie definitiv folgendes gezeigt hätte: was richtig in bezug auf eine
einzelne Person ist, ist auch richtig in bezug auf die Gesell-
schaft**.“
Genau dasselbe sagt auch Jevons: „Die allgemeine Form der
Gesetze der politischen Oekonomie gilt sowohl für einzelne Indi-
viduen als auch für ganze Völker?*?.“
So alt und ehrwürdig dieser Gesichtspunkt auch sein mag, so ist
er doch absolut falsch. Die Gesellschaft ist (wie man bewußt oder
unbewußt annimmt) keine arithmetische Summe isolierter Indi-
viduen; umgekehrt setzt die wirtschaftliche Tätigkeit eines jeden
Individuums eine bestimmte soziale Umgebung voraus, in der der
soziale Zusammenhang der einzelnen Wirtschaften seinen Aus-
druck findet. Die Motive des isoliert lebenden Menschen sind von
denen des „Gesellschaftswesens‘“ („Zoon politikon‘) durchaus ver-
schieden: Ersterer hat als Umgebung nur die Natur, die Dinge in
ihrer ursprünglichen Unberührtheit, letzterer nicht nur die „Mate-
2 Fr. Bastiat: „Harmonies &conomiques“, Bruxelles 1850, S. 213: „Les
lois €conomiques agissent sur le meme principe, qu’il s’agisse d’une nom-
breuse agglomeration d’hommes, de deux individus, ou meme d’un seul, con-
damne par les circonstances ä vivre dans l'isolement. L’individu s’il pouvait
vivre quelque temps isole serait a la fois capitaliste, entrepreneur, ouvrier,
producteur et consommateur. Toute l’&volution €conomique s’accomplirait en
lui. En observant chacun des €lements, qui la composent: le besoin, l’'effort,
Ja satisfaction, I’utilite gratuite et Vutilit& onereuse, il se ferait une idee du
mecanisme tout entier, quoique reduite a sa plus grande simplicite‘“‘.
2% „... Jaffirme que l’economie politique aura atteint son but
et rempli so mission quand ella aura definitivement demontre ceci; Ce qui est
vrai de l’homme est vrai de la societe“ (ibid. S. 74).
Hervorgehoben sei, daß Bastiat vom isolierten Menschen als einer
methodologisch nützlichen Abstraktion spricht. Historisch ist er aber für ihn
nur „eine trügerische Vision von Rousseau“ (s. auch S. 93, 94).
2) „The general form of the laws of Economy is the same in the case
of individuals and nations‘, W. Stanley Jevons: „The theory of political eco-
nomy“, London and New York 1871, S. 21. Die „Mathematiker‘“ und die
„Amerikaner“ lassen dies zum großen Teil fallen. Vergl. Walras: „Etudes
d’&conomie sociale‘‘ (Theorie de la repartition de la richesse sociale), Lausanne,
Paris 1896: „Il ne faut pas dire que lindividu est la base et le fin de toute
Societe sans ajouter immediatement que l’etat social est aussi la base et le
milieu de toute individualite“ (S. 90). Bei Clark dominiert der Objektivismus.
Wie undurchdacht aber dies alles ist, erhellt z. B. aus folgender Definition
des amerikanischen Wirtschaftlers Thomas Nixon Carver: „The method pur-
sued is that of an analytical study of the motives which govern men
in business and industrial life‘ (The distribution of wealth. New York 1904,
S. XV. Doch andererseits „objektiviert‘ derselbe Carver die Werttheorie.