4 Kinleitung.
vom Kassenarzte behandelt, so stehen sich sogar beide nicht als Rechts-
subjekte gegenüber, sondern sind nur Tatbestandsstücke in dem die
Behandlung mit sich bringenden ARechtsverhältnis zwischen Ver-
sichertem und Kasse; der Arzt ist Erfüllungsgehilfe, der Familien-
angehörige Forderungsgehilfe.)
Es fragt sich nun, welcher Art das Rechtsverhältnis ist, in das
der Arzt zur Krankenkasse durch den Vertrag tritt, in dem er sich
ihr zu ärztlicher Behandlung der Kassenkranken verpflichtet. Dieses
Rechtsverhältnis liegt offenbar irgendwie mitten innezwischen dem Rechts-
verhältnis des frei praktizierenden Arztes zu seinem Patienten (sog.
Privatpatienten) und dem des an einer Krankenanstalt fest angestellten
Arztes zu‘ dieser Anstalt,
Das VerhältnisdesArzteszwmPrivatpatienten
wird, von den Fällen der durch dringende Lebensgefahr begründeten
ärztlichen Standespflicht zur Behandlung abgesehen, regelmäßig durch
privatrechtlichen Vertrag zwischen beiden (gelegentlich auch zwischen
dem Arzt und dem Ehegatten, dem elterlichen Gewalthaber, dem Arbeit-
geber oder dem Wohltäter des Patienten) begründet, der den Arzt zur
Behandlung nach ärztlichen Kunstregeln, den anderen Teil zur Ent-
richtung einer Vergütung verpflichtet. Dieser Vertrag kann’ im Sinne
des Bürgerlichen Gesetzbuches Dienstvertrag oder Werkvertrag sein.
Der auf längere oder unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag des Haus-
arztes im engeren Sinne dürfte als Dienstvertrag anzusehen sein; der
gewöhnliche, aus Anlaß und für die Dauer einer einzelnen Erkrankung
geschlossene Behandlungsvertrag erscheint als Werkvertrag. Der
versprochene, durch Arbeit des Arztes herbeizuführende Hrfolg ist
Freilich nicht die gewiß als letztes Ziel erstrebte Heilung, sondern der
minder greifbare, aber in der teleologischen Reihe näher liegende Erfolg,
daß dem Kranken eine sachgemäße und kunstgerechte ärztliche Be-
handlung angedeiht®),.
Der Arzt, der ständig oder längere Zeit hindurch an einem
Krankenhaus oder einer sonstigen Behandlungsanstalt ärztlich
tätig werden soll, schließt mit dem die Anstalt betreibenden ‘Rechts-
subjekt einen Arbeits- oder Dienstvertrag nach Bürgerlichem Recht,
dafern er wicht etwa zum öffentlichen Beamten gemacht wird, wovon
Mer füglich abgesehen werden kann. Der Arzt verpflichtet sich dabei,
der Anstalt seine ärztlichen Dienste zur Verfügung zu stellen, wohin-
gegen ihm regelmäßig eine Vergütung zugesagt wird. Kraft des Ver-
trages hat der Arzt, vorbehaltlich etwaiger vertraglicher oder gesetzlicher
Beschränkungen nach Art, Umfang und Dauer, diejenige ärztliche
6) Über den Stand des Streites um die Eingliederung des ärztlichen Behand-
lungsvertrages in die Vertragstypen des bürgerlichen Rechts vgl. neuestens H e -
gener, Das Vertragsrecht des Arztes (Berlin 1925) und Nikisch, Die
Grundformen des Arbeitsvertrages und der Anstellungsvertrag (Schriften des In-
stituts für‘ Arbeitsrecht an der Universität Leipzig, Heft 11, Berlin 1926) und
die dort angegebenen Schriften.