Die Folge dieser Not der ländlichen Bevölkerung ist natür-
lich Landflucht. Sie strömt in Massen — besonders nach der
Verdrängung der ländlichen Heimarbeit durch die Industrie —
in die Städte und vergrößert dort die industrielle Reservearmee.
Auch das wirkt wieder auf die europäische Arbeiterschaft zurück.
Die Not auf dem flachen Lande schränkt die Konsumtion euro-
päischer Industrieerzeugnisse ein. Die ungeheueren Gebiete fal-
len als Absatzmärkte vollkommen aus. Eine Agrarreform, wie die
einheimische: Landbevölkerung sie anstrebt, liegt damit auch im
Interesse der europäischen Arbeiterschaft. Zwar hat der Ver-
treter Indiens im Wirtschaftsrat des Völkerbundes, Sir Atull
Chetterjee, in der Sitzung, die Mitte Mai dieses Jahres stattfand,
mit Nachdruck darauf verwiesen, daß die außereuropäische Land-
wirtschaft gehoben werden müsse, damit sie in vermehrtem Um-
fang europäische Produkte kaufen könne; aber dieser fromme
Wunsch wird am Widerstand der Regierung scheitern. Eine
Agrarreform ist nur zu erreichen gegen das europäische Kapital
im Bunde mit den Eingeborenen.
Das Eingeborenenproblem
Der Hauptantrieb zur Industrialisierung der Kolonien liegt
indem Standort der Rohstoffe und dem der billigen
Arbeitskraft. Seit dem Eindringen des europäischen Ka-
pitalismus, der von dem Ort des größten Widerstandes: der
Arbeiterschaft, aus den Ländern eines stark organisierten Pro-
letariats, seine Tätigkeit verlegt. hat in jene Gebiete, da die
Arbeiterschaft noch unaufgeklärt und unorganisiert war, hat
sich deren Lage noch erheblich verschlechtert, Es ist den euro-
päischen Kapitalisten nicht gelungen, der Eingeborenenfrage
Herr zu werden, Die wirtschaftlichen Wandlungen in den Ko-
lonien haben den Europäer nicht dazu gebracht, seine Stellung
gegenüber dem Farbigen zu verändern. Er betrachtet ihn noch
immer als einen Menschen zweiter Klasse, der keine andere Auf-
gabe hat, als für den Weißen zu arbeiten. Als Entgelt dafür,
behauptet er, ihm Kultur und Zivilisation. zu bringen. Wie
es damit beschaffen sein kann, zeigen schon allein die Ein-
nahmen der farbigen Arbeiter. In den chinesischen Baumwoll-
fabriken, die vom europäischen Kapital abhängig sind, beträgt
der durchschnittliche Monatslohn eines Arbeiters ı2 chinesische
Dollar (1 chinesischer Dollar gleich 2 M.), der eines Hafen-
arbeiters 9, eines Holzarbeiters 12, eines Arbeiters in den Seiden-
spinnereien 6—10 chinesische Dollar. Was diese Zahlen für das
„Kulturniveau‘ des Arbeiters bedeuten, wird erst klar, wenn wir