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Stelle man so die Zwecke der Kolonisation fest, so
glaube er, daß sie mit dem Freizügigkeitsgeset nicht in
Widerspruch ständen.
Der Landwirtscaftsminisster hielt es für un-
bewiesen, daß der Geseßentwurf sich formell als ein Aus-
nahmegeset darstelle. Auch die Ausführungen des ersten
Redners gingen wohl nur dahin, daß das Gesetz sich in
materieller Beziehung als ein Ausnahmegesetz gegenüber
den Polen darstelle, weil eben der § 4 in den Provinzen
Posen und Westpreußen die Bedeutung haben müsse, daß
Zerschlagungen, bei welchen der Erwerb von Grundstücken
durch Polen in Aussicht genommen sei, nicht stattfinden
könnten. Auch diese Ausführungen seien seiner Ansicht nach
nicht zutreffend. Zunächst habe auch schon der Vorredner
darauf hingewiesen, daß es sich bei der behördlichen Ge-
nehmigung nicht um die Genehmigung von Verkäufen von
Grundstücken im ganzen handle, sondern nur um die
Genehmigung von HZerschlagungen. Nach diesem Gesetz-
entwurf könne jeder Pole ebensogut wie jeder Deutsche sein
Grundstück im ganzen verkaufen, er sei durch die Bestim-
mungen dieses Gesseßes daran nicht gehindert, und die An-
ssiedlungskommission und jede gemeinnützige Siedlungs-
gesellschaft sei nicht in der Lage, den Verkauf dieses Grund-
stücks im ganzen zu verhindern. Es handle sich lediglich
um Herschlagungen durch oder durch Vermittlung
von Grundstückshändlern, und bei diesen komme allerdings
in Frage, daß die Genehmigung dazu auch versagt werden
könne in den Fällen, wo die Zerschlagung mit den Bielen
der staatlich geförderten Kolonisation in den Provinzen
Posen und Westpreußen, also mit anderen Worten mit den
Zielen der Ansiedlungskommission in Widerspruch stehe.
Aber diese Bestimmung habe doch auch keineswegs den
Sinn, daß nunmehr die behördliche Genehmigung jeder
Zerschlagung versagt werden müsse, welche unter Um-
ständen auch den Polen zugute kommen könnte. Es sei ja
allgemein bekannt, daß die Ansiedlungstätigkeit in den
Provinzen Posen und Westpreußen, die allerdings die Er-
haltung und Stärkung des deutschen Elements zum Ziele
habe, sich immer auf bestimmte Bezirke beschränke und in
der Hauptsache den Zweck verfolge, die Zahl der Deutschen
in den Distrikten zu vermehren, wo sie bereits angesessen
seien und festen Fuß gefaßt hätten. Es kämen also eine
ganze Reihe von Yerschlagungen auch in Zukunft in Be-
tracht, welche außerhalb des Bereichs der Tätigkeit der An-
siedlungskommission lägen, und welche deshalb auch in Zu-
kunft genehmigt werden könnten, weil die in Frage
kommende Zerschlagung im einzelnen Falle mit den Zielen
der Ansiedlungskommission nicht in Widerspruch stehe.
Also auch von diesem Gesichtspunkt aus sei das Gesetz
nicht als ein Ausnahmegeset anzusehen, und er habe es bis
dahin immer als einen großen Vorzug dieses nach gründ-
licher und eingehender Prüfung zustande gebrachten Geset-
entwurfs betrachtet, daß er eben nicht ein Ausnahmegeset
darstelle, sondern sich wesentlich auf wirtschaftlicher Grund-
lage aufbaue und nicht allein die Provinzen Posen und
Westpreußen, sondern alle die Fttzriet ft. Betracht
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fördert werden müsse. u. §ttci;;3:..35:5:5û
Der Unterstaatssekretär d e s Justizmini-
steriums führte zu Antrag 2 aus: Nach den vom Instiz-
ministerium eingezogenen Erkundigungen sei ein solches
Gutachten vom Reichsjustizamt nicht erstattet worden. Es
brauche daher nicht erörtert zu werden, ob, wenn es er-
*tattet worden wäre, für das preußische Justizministerium
Veranlassung vorgelegen hätte, um Mitteilung dieses Gut-
sets sr cut. von dem ersten Redner erhobenen Vor-
wurf, daß das Reichsgerichtsurteil Bd 73 S. 20 von der
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