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Probleme der Nachkriegszeit
8. Unmittelbar nach dem Kriege waren viele Leute
der Ansicht, daß der Krieg und der Krieg allein der Grund
für die Störungen wäre, die sich in den wirtschaftlichen
Beziehungen der Individuen, der Nationen und der
Erdteile zeigten. Die einfache Rückkehr zu den Vorkriegs-
verhältnissen schien unter diesen Umständen das ge-
gebene wirtschaftspolitische Ziel, um die hervortretenden
Schwierigkeiten zu beheben. Es ist eine instinktive
Neigung der Menschheit, lieber den Blick auf die Ver-
gangenheit als auf die Zukunft zu richten und, selbst
wenn eine neue Ordnung der Dinge an die Stelle
der alten tritt, zu den früheren Vorstellungen zurückzu-
kehren und die Wiederherstellung des überlieferten Zu-
standes zu versuchen. Die Erfahrung hat aber gezeigt,
daß die durch den Krieg entstanden Probleme nicht auf
so einfache Weise gelöst werden können.
Zunächst war das Bestreben, zu den Vorkriegsver-
hältnissen zurückzukehren, ein kluger und natürlicher In-
stinkt; denn die erste und dringendste Aufgabe nach dem
Kriege war, das Wirtschaftsleben der Welt, das so jäh
unterbrochen war, wieder in Gang zu bringen. Die
Wirtschaftspolitik hatte sich daher mit den zeitweiligen
Folgen des Krieges zu beschäftigen und den Versuch zu
machen, die durch den Krieg herbeigeführten Hemmnisse
von Vroduktion und Handel zu beseitigen.
9. Eine der weitest verbreiteten und bedeutendsten
Schwierigkeiten war die Zerrüttung der öffentlichen
Finanzen und der Verfall der Währungen. Zur Zeit der
Brüsseler Konferenz war es nur vier Staaten gelungen,
ihren Staatshaushalt auszugleichen. Jetzt hat fast jedes
try das Gleichgewicht im Staatshaushalt wiederher-
gestellt.
Wenn auch diese erste unvermeidliche Epoche des
finanziellenWiederaufbaues noch nicht völlig abgesschlosssen
ist und man zu weit gehen würde, wollte man sagen, daß
in jedem einzelnen Lande die Stabilität der Finanzen
gesichert ist, so trifft.es doch zu, daß ein ungeordneter Zu-
stand der öffentlichen Finanzen und Schwankungen der
verschiedenen Währungen im Verhältnis zueinander
heute im allgemeinen nicht mehr einen Faktor von grund-
legender Bedeutung für die Depression in Handel und
Vroduktion bilden
. 10. Eine andere Schwierigkeit, die in den lezten Jahren
eine große Rolle gespielt hat, war die Kapitalknappheit.
Die geringe Produktion nach dem Kriege machte jedenfalls
in Europa ein Sparen unmöglich. Dies hat sich allmählich
geändert. Die Erholung der Produktion in Europa im
Verein mit einem wachsenden Gefühl von Sicherheit
hat die Spartätigkeit neu belebt und internationale
Kapitalübertragungen angeregt. Diese Entwicklung hat
ein normalerrs – wenn auch noch ungenügendes ~
Kapitalangebot herbeigeführt; dies zeigt die Senkung
der Zinssähe, die von der ungewöhnlichen Höhe, auf der
sie eine Jeitlang, besonders in manchen Ländern Mittel-
europas, gestanden hatten, wieder auf ein verhältnis-
mäßig normales Niveau zurückgegangen sind. Die
Schnelligkeit, mit der die Zinssätze fielen, ist in gewissem