Full text: Die Systeme im neuzeitlichen deutschen Genossenschaftswesen, ihre Entstehung und ihr gegenwärtiger Stand

Fünfter Teil. 
Überverbandliche Vereinigungen. 
Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich, wie vielgestaltig und 
zersplittert die Verbände und Systeme sind. Die Entwicklung des Ge- 
nossenschaftswesens bis in unsere Tage zeigt aber hinsichtlich der Zu- 
sammenschlüsse bzw. der Zersplitterung eine bestimmte Tendenz, näm- 
lich die Zusammenfassung der Genossenschaften nach Berufsständen 
und die Ablehnung oder Aufhebung von Zusammenschlüssen beim 
Vorliegen starker Interessengegensätze und verschiedenartiger Wirt- 
schaftsauffassungen. Dies ergibt sich aus der Betrachtung, daß im 
Deutschen Genossenschaftsverbande überwiegend der gewerbliche 
Mittelstand, im Generalverbande und Reichsverbande überwiegend 
der landwirtschaftliche Berufsstand, im Hamburger Zentralverbande 
überwiegend der Berufsstand der Lohnarbeiter vertreten ist. Ein ein- 
heitliches deutsches Genossenschaftswesen hat sich nicht schaffen las- 
sen; es wird im Schrifttum sogar in Zweifel gezogen, ob angesichts 
der Verschiedenheiten überhaupt von einem „deutschen Genossen- 
schaftswesen‘“ in solcher Zusammenfassung gesprochen werden könne. 
Entscheidend ist bisher immer der große Unterschied in der Wirt- 
schaftsgesinnung gewesen. Es gibt eben im deutschen Genossenschafts- 
wesen keine einheitliche Wirtschaftsgesinnung. Die bisherige Entwick- 
lung des Genossenschaftswesens zeigt das Phänomen, daß die Genos- 
senschaft jeder Wirtschaftsauffassung dienen kann, vom manschester- 
lichen Kapitalismus bis zum Sozialismus. Aber es zeigen sich keiner- 
lei Tendenzen auf Bildung einer einheitlichen genossenschaftlichen 
Wirtschaftsgesinnung. Die vorhandene Zersplitterung, namentlich 
das Abbröckeln der Konsumvereine von ihrem alten Schulze-Delitzsch- 
schen Verband ist im genossenschaftlichen Schrifttum bis in die neueste 
Zeit öfters beklagt worden. Mit Unrecht! Freilich, wenn der Allge- 
meine Verband eine ganz lose Interessenvertretung geblieben wäre, 
wie er es ursprünglich war, so wäre es vielleicht möglich gewesen, in 
ihm alle Genossenschaften zusammenzufassen, wie es Schulze-Delitzsch
	        
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