Full text: Gesetze, betreffend Geld- , Bank- und Börsenwesen

; 1. Reichsgeseßz, betr. die Inhaberpapiere mit Prämien, vom 8. Juni 1871. 
§ 4. Die Schuldverschreibungen, deren Abstempelung erfolgen soll, müsssen 
spätestens am 15. Juli 1871 zu diesem Zwecke eingereicht werden. 
Für die Abstempelung ist eine Gebühr zu entrichten, welche für eine Schuld- 
verschreibung, deren Nominalbetrag den Wert von Einhundert Talern nicht übersteigt 
5 Sgr. oder 1724 Kr. S. W., für eine Schuldverschreibung, deren Nominalbetrag den 
Wert von Einhundert Talern überssteigt, 10 Sgr. oder 35 Kr. S. W. beträgt. 
Der Ertrag dieser Absstemvelunasgebühr fließt zur Reichskasse. 
§ 5. Die Reichsregierung [der Bundesrat] wird die zur Ausführung dieses Gesetzes 
erforderliche Instruktion erlassen und in derselben festseßen, unter welchen Umständen ein 
gutgläubiger Inhaber, der aus entschuldbaren Gründen die Einreichungsfrist versäumt hat, 
noch nachträglich Abstempelung seiner Schuldverschreibungen erlangen kann. Der Bundes- 
rat wird ferner zur Berechnung der Stempelabgabe den Talerwert der fremden Valuten 
feststellen, auch die Behörden bestimmen. bei welchen die Einreichung zur Abstemvelung 
(§ 4) zu erfolgen hat. 
§ I.. An telle des Bundesrats ist jeyt die Reichsregierung zuständig; s. § 8 ÜübergGefs. 
Art. 14, 77, 179 . 
D. Die Instruktion erfolgte mit der Bek. v. 19. Juni 1871 und den späteren Ausführungs- 
verordnungen; s. S. 1 Fußnote. Die nachträgliche Abstempelung ist in §$ 9, der Talerwert 
(für fünf fremde Valuten) in § 5, die Bestimmung der Behörden in Anl. A der Bek. v. 
19. Juni 1871 sowie in Nr. 1 der Bek. v. 4. Dez. 1871 und 14. April 1908 geregelt. 
§ 6. Wer den Bestimmungen der gs 1, 2 oder 3 zuwiderhandelt, verfällt in eine 
Geldstrafe, welche dem fünften Teile des Nennwertes der den Gegenstand der Zuwider- 
handlung bildenden Papiere gleichkommt, mindestens aber [Einhundert Taler] betragen soll. 
. Mit Geldstrafe [bis zu Einhundert Talern] oder Gefängnis bis zu drei Monaten 
wird bestraft, wer ein im § 2 oder g 3 bezeichnetes Inhaberpapier mit Prämie öffentlich 
ankündigt. ausbietet oder emvfiehlt, oder zur Feststellung eines Kurswertes notiert. 
Zu Abùÿsÿ. 1. 
. 1. Zuwiderhandlung gegen § 1. Der Tatbestand besteht in der Ausgabe inländischer 
Inhaberpapiere mit Prämien ohne Genehmigung durch ein Reichsgeseß und nicht zum Zwecke 
der Anleihe des Reiches oder eines Bundesstaats (Landes). 
a) Ausgegeben ist das Papier, sobald es in den Verkehr, d. h. in die Verfügungsgewalt 
eines andern gelangt ist. Das Geset sett voraus, daß eine größere Anleihe genommen wurde, 
die in Teilschuldverschreibungen auf Inhaber zerlegt ist, da nur unter dieser Voraussetzung einzelne 
Schuldverschreibungen mittels Prämien bevorzugt werden können. Ausgegeben ist eine Prämien- 
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vornehmen. It der Schuldner eine Korporation öffentlichen Rechts, eine juristische Person oder 
eine Personenvereinigung, so haften strafrechtlich seine geseßlichen Vertreter oder die An- 
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bewirkt, für die strafrechtliche Haftbarkeit der die Geschäfte der Bank leitenden oder ausführenden 
Personen. Insbesondere haften, wenn die Vertretung von mehreren Personen gemeinschaftlich 
ausgeübt wird, auch die in der Minderheit befindlichen Personen, wenn gie sich dem Beschluß 
der die Ausgabe anordnenden Mehrheit unterwerfen. Sie haften dagegen nicht, wenn sie alle 
Mittel angewendet haben, den Beschluß zu verhindern oder sich der Ausführung zu entziehen. 
c) Vollendet ist die Tat mit der Ausgabe. Die bloße Ankündigung, Aufforderung zur 
Zeichnung oder Abnahme in anderer Form, die Anfertigung der Schuldverschreibungen sind 
kein Ausgeben, sondern straflose Vorbereitungs- oder Versuchshandlungen. 
2. Zuwiderhandlung gegen §§ 2, 3. Der Tatbestand besteht in dem Weiterbegeben 
der einzelnen im Widerspruch zu g 1 nach dem 14. Juni 1871 ausgegebenen inländischen oder 
nach dem 80. April 1871 ausgegebenen oder zwar vor dem 1. Mai 1871 ausgegebenen, aber nicht 
ordnungsmäßig abgestempelten (88 4, 5) ausländischen Inhaberpapiere mit Prämien im Privat- 
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. zz UÜe:terbegzher: Mi. ur “ir. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen den ver- 
schiedenen Arten von Börsengeschäften, die Inhaberpapiere mit Prämien zum Gegenstande 
haben. Unter Jie fallen auch Zeitkäufe und Differenzgeschäfte, Tauschverträge und Pfand- 
verträge aller Art. Die Geschäftsvermittlung ist nur, um Zweifel abzuschneiden, besonders 
hervorgehoben. Unter ihr ist aber nicht bloß die Matklertätigkeit verstanden, sondern unter den 
Begriff fällt jede Vermittlung, z. B. Ankauf im Auftrag und für Rechnung eines Dritten.
	        
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