Full text: Wirtschaftspolitische Tagesfragen

Dr. TRENDELENBURG, Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium: 
DIE WIRTSCHAFTSARBEITEN DES VÖLKERBUNDES 
SEIT DER WELTWIRTSCHAFTSKONFERENZ. 
Meine sehr verehrten Herren! Ich bin 
der freundlich an mich ergangenen Einz 
ladung des Präsidiums des Reichsverbandes, 
hier in diesem Kreise über die weltwirt- 
schaftlichen Arbeiten des Völkerbundes ein 
Referat zu halten, sehr gern gefolgt, denn 
es muß jedem, der diese außerordentlich 
schwierigen Dinge behandelt und in einem 
nicht gerade sehr einfachen Milieu die deut- 
schen Interessen zu vertreten hat, daran ge: 
legen sein, sich in ständiger Fühlung mit 
den deutschen Wirtschaftskreisen zu halten, 
sich stets darüber klar zu werden, ob und 
inwieweit er mit diesen Kreisen in Über» 
einstimmung ist, und sich der tatkräftigen 
Mitarbeit aller Kreise der deutschen Wirt- 
schaft zu versichern. 
Die Grundlagen für die Arbeiten des 
Völkerbundes auf weltwirtschaftlichem Ge: 
biete sind die Ergebnisse der Weltwirt- 
schaftskonferenz. Ich werde sie im ein: 
zelnen Ihnen nicht ins Gedächtnis zurück: 
zurufen brauchen, weil ich glaube, daß die 
Empfehlungen, die damals in Genf vor 
Jahresfrist ausgesprochen worden sind, den 
hier versammelten Herren einigermaßen 
vertraut sind. Es ist ja auch kürzlich, ge- 
cade in diesen letzten Tagen wieder das 
Wichtigste aus diesen Entschließungen der 
deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht 
worden in dem einstimmig beschlossenen 
Gutachten des Reichswirtschaftsrats zu 
dieser Frage, in einer Entschließung, die 
wir nur in jeder Beziehung begrüßen können 
und die eine volle Bestätigung der Ten: 
denzen enthält, welche die Weltwirtschafts- 
konferenz geleitet haben. 
Ich möchte Ihnen nur ganz kurz in Er: 
innerung zurückrufen, daß die Empfehlun- 
gen zwei große Fragengebiete betreffen. Zu 
einem Teile bewegen sie sich mehr in der 
privatwirtschaftlichen Sphäre, so die Emp- 
fehlungen zur Frage der internationalen 
Kartellierung, Empfehlungen über die Stanz 
dardisierung, Rationalisierung und der: 
gleichen. Auf der anderen Seite betreffen 
diese Empfehlungen mehr die staatliche 
Wirtschaftspolitik und zielen darauf hin, 
zunächst durch einen Ausbau des Nachrich- 
ten= und statistischen Apparates, durch eine 
Anpassung der statistischen Methoden und 
\usbau der internationalen Statistik die 
<enntnise der wirtschaftlichen Vorgänge zu 
vertiefen und zu verallgemeinern. Dann sind 
weiter empfohlen gewisse technische Ver- 
:inheitlichungen, wie z. B. die Vereinheit- 
ichung der Zolltarifnomenklatur. Es folgt 
chließlich eine Reihe von Empfehlungen, die 
nehr den materiellen Inhalt der Handels- 
ınd Wirtschaftspolitik betreffen und sich in 
janz besonderem Maße mit dem Problem 
les Zollniveaus beschäftigen, das in der 
Nachkriegszeit besonders in Europa, und 
ıer wieder besonders bei industriellen 
“ertigwaren, sich sehr stark erhöht hat. 
Es liegt bei der Natur des Völkerbundes 
1ahe, daß die wirtschaftliche Organisation 
les Völkerbundes sich vornehmlich mit 
liesem zweiten Fragenkomplex beschäftigt 
ıat, der mehr die staatliche Wirtschafts: 
»olitik betrifft und _zwischenstaatliche 
Vaßnahmen in Betracht zieht. Das ergibt 
ich aus der Struktur des Völkerbundes, 
lenn er ist ein Verein von Staaten und nicht 
in Verein von wirtschaftlichen Organi- 
‚ationen. 
Wie sieht nun die Organisation des 
/ölkerbundes aus, die sich mit all diesen 
“ragen seit dem Mai vorigen Jahres mit 
verstärkter Energie beschäftigt hat? Da bez 
;teht als ständiges Büro das sogenannte 
Sekretariat des Völkerbundes, das eine wirt: 
‚schaftliche Abteilung enthält, dessen Be- 
ımtenkörper aus Angehörigen der Länder 
ıller Welt zusammengesetzt ist, die so ge- 
vissermaßen die Geschäftsführung des 
janzen Apparats haben. Die sachliche 
„eitung liegt dem sogenannten Wirtschafts- 
‚usschuß (Comite &conomique) ob. Er be: 
;teht aus 15 Mitgliedern, Persönlichkeiten 
ıus verschiedenen Nationen, die fast alle 
n enger Beziehung zu der amtlichen Han- 
lelspolitik ihres Heimatlandes stehen. Für 
Jeutschland z. B. bin ich Vertreter in die: 
‚em Wirtschaftsausschuß, für Frankreich 
st es der Handelsvertragsdirektor Serruys, 
ür England ist es der frühere Staatssekre- 
:är des Board of Trade, Sir Sidney Chap- 
nan, für Italien der Handelsvertragsdirektor 
li Nola, für Oesterreich Herr Schüller, der 
Ihnen allen als Handelspolitiker bekannt ist. 
Is besteht also eine sehr starke Anlehnung
	        
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