Contents: Die politische Ökonomie des Rentners

Der historische und der unhistorische Gesichtspunkt el 
2. DER HISTORISCHE UND DER UNHISTORISCHE GESICHTSPUNKT 
In den „Theorien über den Mehrwert‘ schrieb Marx über die 
Physiokraten: „Es war ihr großes Verdienst, daß sie diese For- 
men (d. h. die Formen der kapitalistischen Produktionsweise, 
N. B.) als physiologische Formen der Gesellschaft auffaßten: als 
aus der Naturnotwendigkeit der Produktion selbst hervorgehende 
Formen, die von Willen, Politik usw. unabhängig sind. Es sind 
materielle Gesetze. Der Fehler der Physiokraten ist nur der, daß 
das materielle Gesetz einer bestimmten historischen Gesellschafts- 
stufe als abstraktes, alle Gesellschaftsformen gleichmäßig beherr- 
schendes Gesetz aufgefaßt wird®®.“ 
Hiermit ist der Unterschied zwischen dem schlechthin gesell- 
schaftlichen Gesichtspunkt und dem geschichtlich - sozia- 
len sehr gut bezeichnet. Man kann die „soziale Wirtschaft im 
ganzen‘ betrachten und doch die ganze Bedeutung der spezifi- 
schen, historisch gewordenen Gesellschaftsformen nicht erfassen. 
Freilich pflegt in der modernen Zeit Hand in. Hand mit dem un: 
historischen‘ Gesichtspunkt. auch der Mangel’ an Verständnis für 
die sozialen Zusammenhänge zu gehen; dennoch muß man zwi- 
schen: diesen beiden. methodologischen Fragen unterscheiden; 
denn die Möglichkeit des „Objektivismus“ gibt noch keineswegs 
die Garantie dafür, daß die Probleme historisch aufgestellt wer- 
den. Ein Beispiel dafür liefern die Physiokraten. In der moder- 
nen wirtschaftlichen Literatur wiederholt sich der Fall bei Tugan- 
Baranowsky, ‚dessen „soziale Verteilungstheorie‘“.” für jede aus 
Klassen aufgebaute Gesellschaft paßt (und deshalb überhaupt 
nichts erklärt)®®, - 
Marx hebt strikt den historischen Charakter seiner Wirt- 
schaftstheorie und die Relativität ihrer Gesetze hervor. „Nach 
seiner Meinung besitzt... jede historische Periode ihre eigenen 
Gesetze .... Sobald das Leben eine gegebene Entwicklungsperiode 
überlebt hat, aus einem gegebenen Stadium in ein anderes über- 
5 K. Marx: „Theorien über den Mehrwert“, Bd. I, S. 34. 
} 36 Siehe Tugan-Baranowsky: ‘ „Grundlagen der Nationalökonomie‘. Es ist 
jedoch dazu zu bemerken, daß, während die Physiokraten tatsächlich den 
Kapitalismus richtig, wenn auch ohne sich dessen bewußt zu werden, auf- 
faßten, Tugan-Baranowsky zwar bestrebt ist, ihn zu verstehen, doch dabei 
nur nichtssagende Formeln: atfstellt. (Siehe N. Bucharin: „Eine Oekonomie 
ohne Wert“, Neue Zeit, 1914, S. 22 u. 23.
	        
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