Full text: Die juristische Literatur der Sowjet-Union

Das Industrie- und Handelsrecht der Sowjet-Union. 
Von Alexander Dobrow, Kiew. 
1. Die Geschichte der russischen Gesetzgebung über den Handel und 
den Gewerbefleiß in den letzten acht Jahren zerfällt ihrem Inhalt nach 
in zwei, scharf voneinander geschiedene Perioden, nämlich die Periode 
der Verstaatlichung der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Landes, 
die die Benennung „Epoche des kriegerischen Kommunismus“ erhalten 
hat, und die Periode der Wiederherstellung der privatwirtschaftlichen 
Tätigkeit und der Privatrechtsverhältnisse, die man „Epoche der neuen 
ökonomischen Politik“, oder, verkürzt, „NEP“ nennt. 
Nachdem die Räte-Regierung im November 1917 den staatlichen 
Apparat in ihre Hände genommen und die Diktatur der Arbeiterklasse 
proklamiert hatte, erblickte sie in der Zentralisation der Produktion 
und der durchgreifenden staatlichen Regulierung des ganzen wirtschaft- 
lichen Lebens das Mittel zur Annäherung an: den Sozialismus und zur 
Beseitigung der Wirtschaft des Warenaustausches. Der erste Schritt 
in dieser Richtung war die am 14. November 1917 eingeführte Kontrolle 
der Arbeiter über die Produktion und die finanzielle Seite der Geschäfts- 
führung in allen gewerblichen, kommerziellen, landwirtschaftlichen, Kredit-, 
Transport- und Kooperativunternehmungen. Der zweite Schritt sodann 
war das Dekret über die Nationalisierung der Banken, vom 14. Dezember 
1917, auf Grund dessen das Bankwesen als Staatsmonopol proklamiert, 
alle Aktienbanken und Bankiergeschäfte mit der Staatsbank vereinigt 
wurden. 
Die ersten Maßnahmen zur Verstaatlichung der Industrie im Jahre 1917 
bestanden in der Konfiskation einzelner großer Unternehmungen wegen 
Nichtbefolgung des Dekrets über die Arbeitskontrolle. Im Januar 1918 
begann die systematische Nationalisierung großer Unternehmungen, und 
im Jahre 1919 war bereits die gesamte schwere Industrie nationalisiert. 
Die Finanzierung aller staatlichen Unternehmungen wurde auf Grund 
der Kostenanschläge vorgenommen, wobei alle Schulden dieser Unter- 
nehmungen, die vor der Nationalisierung entstanden waren, mit Aus- 
nahme des schuldigen Arbeitslohnes, annulliert wurden; die Schulden- 
forderungen aber, welche die nationalisierten Unternehmunge: an dritte 
Personen hatten, blieben in Kraft. Zum Ausdruck gelangte die Voll- 
endung der Nationalisierung der großen Industrie in dem Beschluß des 
Obersten Rates für Volkswirtschaft vom 29. November 1920, durch den 
alle gewerblichen Unternehmungen mit einer fünf übersteigenden Arbeiter-
	        
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