Full text: Deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik

himmt zu. Wir dürfen uns aber durch diese Erscheinung nicht zu 
der Ansicht verleiten lassen, daß die Gesamtlage einer Besserung 
entgegengeht. Die Schwierigkeiten werden nicht so bald abnehmen, 
sind sie doch nicht nur auf Deutschland beschränkt, sondern eine 
allgemeine, insbesondere europäische Erscheinung. Erschwerend 
kommt hinzu, daß das Jahr 1925/26 erhöhte Leistungen an Repa- 
rationen von der deutschen Wirtschaft verlangt, die dazu beitragen 
werden, weitere erhebliche Mittel außerhalb der deutschen Wirt: 
schaft zu binden. Die Reparationsleistungen werden daher die 
Kapitalknappheit verstärken und die Überwindung der Krise er- 
schweren. 
Schon der Krieg hatte unseren Produktionsapparat stark ver: 
größert. In der Inflationszeit nahm die Ausdehnung durch die 
Flucht in die Sachwerte noch bedeutend zu. Ähnlich liegen die 
Verhältnisse in den anderen Ländern. So hat Europa zur Zeit 
eine Größe der Erzeugungsstätten, die weder mit den Absatzmög:- 
lichkeiten noch mit dem eigenen Betriebskapital im Einklang 
steht. Es ist notwendig, dies klar zu erkennen und auch offen 
auszusprechen. Wir können uns der Tatsache nicht ver- 
schließen, daß auch unser Produktionsapparat einem 
Finschrumpfungsprozeß unterworfen werden 
muß, um das bestehende Mißverhältnis zu besei-z 
tigen. Die deutsche Industrie wird sich dieser Tatsache nicht 
verschließen können, vielmehr ihrerseits alle Maßnahmen ergreifen 
müssen, die geeignet sind, um zu einer Verbesserung und Verbilli- 
gung des Produktionsprozesses zu gelangen. Sie hat selbst das 
größte Interesse daran, die Produktion der verkleinerten Kapital: 
decke anzupassen, um zu einer Gesundung zu kommen. Sie wird 
auch alle Möglichkeiten der Rationalisierung anwenden müssen, 
am auf diesem Wege möglichst große Fortschritte zu erzielen. Die 
Industrie muß aber auf der andern Seite verlangen, daß seitens des 
Staates und der gesamten öffentlichen Gewalt, seitens der Parla- 
mente, der Arbeiter und der anderen Erwerbszweige alles getan 
wird, um im Wege der Verständigung Maßnahmen durchzusetzen, 
durch die die gegenwärtigen Schäden beseitigt werden und der Weg 
zu einer Gesundung frei gemacht wird. 
Bisher bestand ein wesentliches Hemmnis in der durch eine 
übertriebene Ausgabenwirtschaft der öffentlichen Hand verur- 
sachten übermäßigen Steuerbelastung. Während aus 
der gesunden und starken deutschen Wirtschaft vor dem Kriege 
seitens der. öffentlichen Körperschaften, Reich, Länder und Ge- 
meinden rund 4.9 Milliarden an Steuern für den öffentlichen Bedarf 
Ä
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.