9. Kapitel
Die Grossbanken während des Krieges
und in der Nachkriegszeit
Für die Schweiz kam der Krieg überraschend. Wohl hatte der
Mord von Serajevo die Befürchtung ausgelöst, dass daraus
politische Störungen entstehen könnten, aber an einen Weltkrieg
dachte in der Schweiz kaum jemand. Im Gegensatz zum Ausland,
wo die leitenden Persönlichkeiten der auswärtigen Politik über den
Ernst der Lage frühzeitig unterrichtet waren (um darüber im
klaren zu sein, braucht man nur die seither veröffentlichten diplo-
matischen Korrespondenzen aus der Vorkriegszeit nachzulesen)
und daher die massgebenden Banken auf die bestehende Unsicher-
heit der Weltlage aufmerksam machen konnten, wurden die
schweizerischen Kreditinstitute von einem Tag zum andern vor die
drohende Gefahr und die unübersehbaren Konsequenzen einer sich
vorbereitenden Weltkatastrophe gestellt. Angesichts der in man-
chen Kreisen bis zuletzt vorhanden gewesenen Sorglosigkeit kann
es nicht auffallen, dass sofort nach Kriegsausbruch vielfach ein
allgemeines Moratorium begehrt wurde. Doch hat der Bundes-
cat mit Recht diesem übereilten Verlangen keine Folge gegeben,
da derartige Massnahmen geeignet gewesen wären, die bestehende
Nervosität noch zu steigern.
Alsbald sah sich die Schweiz von der Weltwirtschaft abgeschnürt.
‚Jedes Land war bestrebt, sich wirtschaftlich und finanziell auf
eigene Füsse zu stellen, was nur unter vollständiger Missachtung
fremder Interessen geschehen konnte. Die Kapitalverschiebungen
waren gehemmt, die Effektenmärkte, von deren Funktionieren bei
der Bereitstellung von Zahlungsmitteln sehr viel abhing, wurden
geschlossen, und zwar nicht nur in den kriegführenden, sondern
auch in den neutralen Ländern, und sogar die grösste Börse der
Welt jenseits des Ozeans sistierte den Verkehr, da sie den plötz-
lichen Stoss aus Europa nicht auszuhalten wagte. Somit wurden
viele Aktiven der Banken, die ihre finanzielle Kriegsbereitschaft
darstellen sollten, zu einer nutzlosen Beschwerung der Bilanzen.
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