Full text: Grundlagen der Wirtschafts- und Handelspolitik

nutzung des Zollsatzes, also eine Verteuerung 
Jer Maschinen und sonstigen Geräte uünr-den 
Zoll, verhindert. Es tritt infolgedessen dürch 
den Industriezoll im allgemeinen gar keine 
fühlbare Belastung der Landwirtschaft ein, 
während bei Einführung von Getreidezöllen 
sich der deutsche Getreidepreis bei dem 
großen Einfuhrbedürfnis stets automatisch 
um den Zoll erhöht, und damit das Lohn: 
niveau um 10% in die Höhe treiben würde. 
Aus diesem Grunde kann meines Erach: 
tens nicht aus der Tatsache des Bestehens 
von Industriezöllen die Forderung hergeleitet 
werden, Getreidezölle einzuführen. Die ganze 
Frage der Getreidezölle ist ja nicht mit zwei 
Worten abgetan. Es würde zu weit führen, 
heute darüber eingehend zu sprechen. Sie 
bedarf vielmehr einer grundsätzlichen Durch» 
beratung in den Organen der Industrie, ehe 
in einer so lebenswichtigen Frage Bindungen 
aingegangen werden. 
Vorsitzender Herr Geheimrat Dr. Duisberg: 
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. 
Wir haben uns ja mit der Landwirtschaft 
sehr freundlich gestellt. Wir haben wirklich 
m Gegensatz zu früher Frieden geschlossen, 
und ich sehe tatsächlich in der Ablehnung des 
;panischen Handelsvertrags von der anderen 
Seite diese freundliche Haltung nicht (Sehr 
ichtig!), sondern im Gegenteil, ich hätte hier 
igentlich erwartet, daß, nachdem dieser Bund 
ırst, sagen wir einmal ganz jung ist, nun die 
‚andwirtschaft gezeigt hätte, daß sie ernstlich 
zsewillt ist, uns zu helfen, wie wir auch helfen 
wollten. Wir werden nicht verfehlen, glaube 
ch, vom Präsidium aus unsern Standpunkt 
ıoch einmal zu revidieren. Wir werden viel: 
sicht Gelegenheit haben, das heute noch zum 
\usdruck bringen zu können, denn meinc 
Terren, das ist nicht zu leugnen, daß die Ab- 
ehnung des spanischen Handelsvertrags — 
ınd die Herren, die die Verhandlungen viel: 
'ach mitgeleitet haben, erklären das — zur 
?7olge haben wird, daß es eigentlich gar keinen 
Zweck hat, vorläufig überhaupt Handelsver- 
ragsverhandlungen zu führen. Dann lassen 
wir doch lieber die Leute, die draußen sind, 
ınsere Sachverständigen, zurückrufen und 
z3agen wir ihnen, sie sollen lieber ihrer Arbeit 
ı1achgehen, ihren Betrieb wieder hochbringen 
ınd keine Zeit verschwenden, wenn keine 
3insicht in dem Parlament für diese Dinge 
vorhanden ist. (Sehr richtig!) 
Dann können wir dieses Thema verlassen 
ınd können zu dem folgenden Punkt über: 
sehen: 
GRUNDSÄTZLICHE FRAGEN DER STEUERREFORM 
Berichterstatter: Herr Regierungsrat Dr. HERRMANN 
Meine Herren! Ich bin in der angeneh- 
men Lage, mich sehr kurz fassen zu können, 
ınd zwar deswegen, weil in Ihren Händen 
sich eine Broschüre befindet, in der Herr 
Direktor Dr. Haussmann über die allgemeine 
Stellungnahme der Industrie zur Steuer: 
teform bereits grundlegende Ausführungen 
gemacht hat und vor allem auf die Bedeutung 
hingewiesen hat, die die Steuerreform für die 
Wirtschaft im allgemeinen hat. Diese Stel: 
lungnahme, die Herr Direktor Dr. Hauss- 
mann in der Broschüre niedergelegt hat, 
deckt sich im allgemeinen mit der Stellung, 
die in den vielen Sitzungen der Steueraus- 
schuß und der Unterausschuß eingenommen 
haben. Nur in einem Punkte — und diesen 
möchte ich besonders hervorheben — glau- 
ben wir, eine andere Stellung jetzt einneh- 
men zu müssen, und zwar aus taktischen 
Rücksichten. 
Wie sich aus der Broschüre des Herrn 
Direktor Dr. Haussmann ergibt, haben wir 
zunächst gegenüber dem Reichsbewertungs- 
jesetz, das ja außerordentlich wichtig ist, 
ine vollkommen ablehnende Stellung ein: 
jenommen, und zwar aus dem Gesichtspunkt 
jeraus, daß einmal der Gedanke des Reichs! 
)jewertungsgesetzes, nämlich. eine Einheits? 
wertbesteuerung für die Steuern des Reiches; 
ler Länder und der Gemeinden zu bringen; 
ıicht durchgeführt ist, im Gegenteil nament: 
ich im $ 4 des Entwurfs sehr wichtige Aus: 
ı1ahmen enthalten sind, die den Grundge- 
janken nicht zum Ausdruck bringen. Fer: 
ıer aber haben wir außerordentliche Beden- 
:en dagegen geäußert, daß der neue Behör- 
lenaufbau, der geschaffen werden soll, näm- 
ich die Grundwertausschüsse und die Ges 
verbeausschüsse und was sonst noch alles 
1eu geschaffen wird, außerordentlich schwer- 
‘allig sein wird, die Wirtschaft und vor allen 
Dingen die Beamten noch mehr belasten 
wird, und dann als letztes noch, daß die 
nateriellen Vorschriften von den bisherigen 
Vorschriften der Reichsabgabenordnung voll- 
commen abweichen, so daß wir zunächst das
	        
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