Friedrich Lists Pariser Preisschrift von ı8 37.
Ihre Bedeutung und ihre Stellung im Gesamtwerke Lists. 1
Von Artur Sommer
Dr. phil., Heidelbere.
Il Vorbemerkungen.
N achdem an anderer Stelle? die Einzelheiten über die Geschichte der
Preisfrage der Pariser Akademie und über die äußere Geschichte des
am Ende des vorigen Jahres in Paris aufgefundenen Manuskriptes
dargelegt worden sind, soll im folgenden an einigen wichtigen Punk-
ten auf den Inhalt der Preisschrift und die Stellung und Bedeutung
eingegangen werden, welche ihr inmitten des gesamten wissenschaft-
lichen Werkes Lists zukommt.
Wir bahnen uns den Zugang zu einem solchen Verständnis durch
eine zweifache Berücksichtigung ihrer geistigen Entstehungsge-
schichte: zunächst geben wir einige Hinweise auf die wichtigsten
literarischen „Quellen“ im weitesten Sinne des Wortes, welche uns
Lists Art und Methode durch eine Einordnung in die von ihm ge-
kannte und benützte ökonomische und politische Literatur näher-
bringt. Obwohl dieses Thema nur kurz und in keiner Weise schon er-
schöpfend behandelt werden kann, ist eine vorläufige Erörterung un-
entbehrlich zur Korrektur der allzu einseitigen Richtung der bis-
herigen Forschung (Abschnitt II).
Sodann betrachten wir die Genesis der theoretischen Systematik,
wie sie aus der wirtschaftlichen Zeitlage, dem Leben Lists und be-
sonders aus seiner politischen Einstellung ihre begriffliche Gestalt
empfängt; während dabei sein dreifaches Schicksal: Privatmann ohne
öffentliche politische oder wirtschaftliche Funktion, Deutscher in
einer Zeit, da sein Land den englischen Vorsprung zu begreifen und
auszugleichen die Aufgabe hatte, endlich das Schicksal, nach dem
Entstehen der klassischen englischen Theorie ein deutsches System
der politischen Ökonomie zu schaffen, — die durchgehende Einheit
seiner Lehre als einer Theorie der produktiven Kräfte bestimmend
prägt, unterliegt Lists politischer Weltaspekt im Laufe seines Lebens
Veränderungen, deren Beachtung uns einen Strukturwandel auch der
ökonomischen Lehren zu erkennen und zu klären ermöglicht (Ab-
schnitt III).
Indem wir die Behandlung der „Theorie der produktiven Kräfte“
— diese Bezeichnung tritt in der Preisschrift sowohl innerhalb Lists
Werken als in der Literatur erstmalig auf — in diesem Aufsatz aus-
schalten, weil sie erst im deutschen Hauptwerke zur vollen Entfaltung
gelangt, legen wir das Hauptgewicht auf einen Überblick der systema-
tisch zu scheidenden Perioden im Schaffen Lists und bestimmen so
die Stellung und Artung der Preisschrift im Verhältnis zu den übrigen
größeren Werken.
Das gleiche Thema wird in den beiden Hauptteilen der Untersu-
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