Full text: Sozialpolitik in Österreich 1919 bis 1923

letzten Kongreß konnte von einer Reform der Arbeitsvermittlung 
für die Zeit der Abrüstung berichtet werden, die bald danach durch 
das Gesetz vom 24. März 1920 mit der Errichtung von Arbeits— 
losenämtern eine praktische Form gewann. Außerdem wurde den 
Industriellen Bezirkskommissionen die Befugnis erteilt, gemein— 
nützige Arbeitsnachweisstellen mit den Aufgaben solcher Ämter zu 
betrauen. Damit wurde den schädigenden bürgerlichen Ein— 
richtungen ihr Handwerk zu einem guten Teil gelegt. Durch die Voll— 
zugsanweisung vom 26. Mai 10920 wurde die Errichtung nicht 
gewerbsmäßiger .Arbeitsnachweisstellen an besondere Be— 
stimmungen geknüpft und die Verpflichtung auferlegt, alle 
Anderungen in den anzeigepflichtigen Verhältnissen und regel— 
mäßig jene Arbeitsangebote und Arbeitsgesuche, die im eigenen 
Wirkungskreis nicht erledigt werden können, den Industriellen 
Bezirkskommissionen anzuzeigen. 
Im Juli 1921 gelangte durch Verordnung ein öffentlicher 
Arbeitsnachweis für die Metallarbeiter und im April 1022 ein 
solcher für das Baugewerbe in Wien zur Errichtung. Neben den 
öffentlichen Arbeitsnachweisen bestehen auf Grund von Kollektiv— 
verträgen noch paritätische Arbeitsnachweise. Alle diese Ein— 
richtungen haben sich gut bewährt, denn durch sie ist nicht bloß 
für eine gewisse Reihung der Arbeitsuchenden, sondern auch für die 
Vermittlung geeigneter Arbeitskräfte Vorsorge getroffen worden, 
was sowohl im Interesse der Arbeitslosen als auch der Arbeitgeber 
liegt. Die von den Gewerkschaften geführten Vermittlungen haben 
gerade aus diesem Grunde die Anerkennung der Untexnehmer ge— 
funden, was in den Kollektivverträgen durch Worte wie „die 
Arbeitsvermittlung des Verbandes wird anerkannt und benützt“ 
zum Ausdruck kam. Nur einzelne Unternehmer, vornehmlich Klein— 
gewerbetreibende, lehnten sich gegen derartige Bestimmungen auf. 
Hierin fanden sie in den christlichen Gewerkschaften willkommene 
Kampfgenossen, welche die Behauptung aufstellten, daß bei der 
Vermittlung soßgialdemokratische Arbeiter bevorzugt und christliche 
Arbeiter benachteiltgt würden. Diese Sache kam auch vor das 
Einigungsamt Wien und ließ sich dasselbe herbei, eine ähnliche 
Vertragsbestimmung „als den guten Sitten und den Absichten des 
Betriebsrätegesetzes widersprechend'“ zu erklären. (Siehe „Gewerk— 
schaft“ 1922, Seite 104.) Obwohl sich die betroffene Gewerkschaft 
der Friseure dem Schiedsspruch nicht unterwarf, hat derselbe doch 
Schule gemacht und in einem Falle sogar das Obereinigungsamt 
beschäftigt. Dank einer zufälligen Zusammensetzung des Senates 
nahm dieses gleichfalls einen ablehnenden Standpunkt ein, obwohl 
die Unternehmer ausdrücklich die einwandfreie und zweckmäßige 
Art der Arbeitsvermittlung betonten und hervorhoben, daß die Ver— 
mittlung paritätisch verwaltet werde, daher eine Benachteiligung 
von Arbeitern, die nicht der vertragschließenden Organisation an—
	        
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