Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

DIE BUNDESGÄRTEN 
Der Erhaltung und der Verschönerung der vielen 
öffentlichen Gärten, die Bundeseigentum sind, wendet die 
Regierung eine besondere Aufmerksamkeit zu. Vom 
ehemaligen Hofärar wurden in das Staatseigentum über- 
hommen: Der große Park Schönbrunn, der Schönbrunner 
Vorpark, der Hetzendorfer Park, der Burggarten, der 
Volksgarten, die Anlagen vor den Museen und dem 
heutigen Messepalast, der Belvederegarten, der Au- 
garten und’ der Prater. Diese Gartenanlagen bedecken 
ein Areale von 0,984.9000 m. Außer diesen Gärten 
werden die vielen kleineren und größeren bei den staats- 
Eigenen Gebäuden befindlichen Gartenanlagen, von 
denen zum Beispiel der Park des Invalidenhauses in 
Hetzendorf, die Anlage der Bundeserziehungsanstalt in 
Breitensee ganz respektable Flächen einnehmen, nicht 
nur erhalten, sondern teilweise neu hergestellt. Diese 
Gärten sind mehr als 100.687 m* groß. Aber auch außer- 
halb Wiens, in den verschiedenen Bundesländern, sind 
mitunter ganz hervorragende Anlagen in Pflege, so der 
Bundesgarten in Innsbruck, der reizende Waldpark in 
Ambras, der Grazer Burggarten, der große Park der 
ehemaligen Militärakademie, jetzt Bundeserziehungs- 
anstalt, in Wr.-Neustadt und dergleichen. Mit Rücksicht 
auf die beschränkten Mittel konnte der Wiederaufbau 
der Gärten und Kulturen nur langsam vor sich gehen, 
Um so mehr als durch den großen Abbau vielfach Hem- 
Mungen eintraten. Die zehnjährige Feier des Bestandes 
der Republik findet aber in den Garten- und Glashaus- 
beständen die Friedenszeit wieder erreicht, in manchen 
Kulturen sogar weit übertroffen. 
Allerdings mußten vielfache Veränderungen vorge- 
Nommen werden, um die Kosten der Gartenerhaltung so 
weit als möglich herabzudrücken. Die in jedem Garten 
befindliche Verwaltung wurde aufgelassen und die Leitung 
der Bundesgärten fachlich und administrativ zentralisiert. 
Durch diesen Abbau wurden namhafte Ersparungen er- 
zielt. Ferner wurden die im Augarten, Belvedere und 
Hetzendorf befindlichen Reservegärten, die den Bedarf 
der erzherzoglichen Haushaltungen zu decken hatten, 
aufgelassen, zum Teil verpachtet, zum Teil in nutz- 
bringende Obstgärten umgewandelt. Die Pflanzenanzucht 
für den Bedarf aller Gärten wurde in Schönbrunn, als 
den Hauptgarten, zentralisiert und dieser Garten in jeder 
Hinsicht ausgestaltet und vervollkommt. Die zum größten 
Eile schadhaft gewordenen Glashäuser wurden und 
Serden noch restauriert, zum Teil ganz umgebaut. Der 
eins richtete Handelsgarten-Betrieb, der sich langsam zu 
lin guten Einnahmsfaktor entwickelte, macht es mög- 
ra » die Kosten der Reservegärten mit ihren hervor- 
A den Pflanzensammlungen zu erhalten und letztere 
Gl Vervollkommnen. Das Palmenhaus, der größte 
ashausbau des Kontinents, mit einer Sammlung 
dr besonders wertvoller tropischer Pflanzen, wurde 
Spez Veranstaltung hochstehender Ausstellungen auf 
sand SCbhieten, wie Azaleen, Kakteen, Orchideen, Chry- 
lebenden und dergleichen zu einem Mekka der blumen- 
Wie n en Bevölkerung Wiens, sowie zum Ziele aller in 
Niede weilenden Fremden ausgestaltet. Trotz der sehr 
Tal ar altenen Eintrittsgebühr kann schon der größte 
er Frhaltungsauslagen hereingehracht werden. 
Doch ist in erster Linie der erzieherische Wert dieser 
ichaustellung für die Jugend. und die Anziehung der 
"remden als ein wertvolles Aktivum zu buchen. Die 
5artenanlagen wurden durch sorgsamen Schnitt und 
Mlege in ihren früheren Stand versetzt, ist doch Schön- 
ırunn der einzige im französischen Stile gehaltene und 
uch vollständig erhaltene Garten Europas. Gärten in 
ieser Stilart sind zwar in Frankreich, Deutschland und 
’ußland, doch wurde durch Unterlassung des. erforder- 
ichen Heckenschnittes der Charakter dieser Anlagen 
‚erstört und die zur Kronenbildung neigenden Bäume 
ind ausgewachsen. Das Bundesministerium für Handel 
ınd Verkehr hat aber seine Fürsorge für die Gartener- 
ıaltung nicht mit Schönbrunn erschöpft, sondern auch 
lie anderen Gärten voll berücksichtigt. Belvederegarten, 
/olks- und Burggarten und die Museumanlagen sind 
'orbildlich erhaltene Anlagen und sogar das Jahrzehnte 
ange Stiefkind der Gärten, der Augarten, wurde etappen- 
veise regeneriert und wird bald zu den gut gepflegtesten 
.nlagen zählen können. Gegenwärtig wird an die In- 
+andsetzung des Praters geschritten. ; 
Vielen Wienern dürfte es kaum bekannt sein, daß die 
’flanzenschätze Schönbrunns, zu denen Josef HI. den 
»rund legte, in ihren bedeutenden Sammlungen wohl 
len größten botanischen Garten Mitteleuropas bilden 
ınd höchstens vom Kew-Garten bei London übertroffen 
verden. Die Erikensammlung ist die größte der Welt 
ınd die meisten der 270 Arten sind schon.in der Heimat 
‚usgestorben. Ebenso ist die Sammlung der Proteaceen, 
lie die hauptsächlichste Flora von Neuseeland bilden 
ınd deren Kultur sehr schwierig ist, eine der bedeutend- 
ıten Sammlungen des Kontinents. Auch die Aroideen- 
ınd Cycadeen-Sammlungen dürfen nicht unerwähnt 
ıleiben. Der Anzucht und Kultur der Aristokraten unter 
len Pflanzen, den Orchideen, wurde besondere Sorgfalt 
ugewendet. Durch Sendungen dieser Pflanzengattung 
us den tropischen Gegenden und Ankäufen wurde ein 
stock der besten Mutterpflanzen geschaffen und die un- 
‚emein schwierige Samenzucht mit bestem Erfolg durch- 
s‚eführt. Tausende junger Orchideensämlinge entwickeln 
ich erfreulich und versprechen in einigen Jahren als 
ılühende Pflanzen das Palmenhaus zu verschönern. Auch 
lie Modenpflanzen, die Kakteen, . erfuhren eine ganz 
‚edeutende Vermehrung und gilt die Schönbrunner 
jammlung als eine der reichhaltigsten auf diesem Ge- 
»iete. Die Fockea capensis, das einzige Exemplar der 
Welt in Kultur, bildet neben der reichen Sammlung an 
leischfressenden Pflanzen den Stolz der heimischen 
Jotaniker. Nach längerer Unterbrechung wurde vor drei 
ahren die Kultur der größten Wasserrose 
‚Viktoria regia” wieder aufgenommen und findet das 
‘egste Interesse der zahlreichen Besucher. 
Der Ertüchtigung der Jugend Rechnung tragend, hat 
lie Regierung in den einzelnen Bundesgärten eine An- 
;ahl Spielplätze für die Mittelschuljugend geschaffen, die 
n ihrer Anlage und Einrichtung mustergültig bezeichnet 
werden können. Im Augarten entstanden drei solcher 
Yätze, ein weiterer ist in Arbeit. Im Prater wurde ein 
{6.000 m? großer Spielplatz hergestellt. Im Fasangarten 
in Schönbrunn ist ein noch größerer in Arbeit.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.