Aus der Katastrophe sind wir glücklich gerettet
worden, aber die Entwicklung nach aufwärts vollzog
sich langsamer, als wir gewünscht hatten. Es darf uns
dies auch nicht wundernehmen, wenn. wir die äußerst
ungünstige Lage, in die wir durch den Friedens-
beschluß gebracht wurden, uns vor Augen halten.
Ich pflege fremden Besuchern, insbesondere Englän-
dern und Amerikanern, die sich bei mir nach der
Lage Oesterreichs erkundigen, die Karte Oesterreichs
vorzulegen. Ich zeige ihnen den langgestreckten
Körper, an dessen östlicher Grenze die Hauptstadt
Wien liegt, eine Stadt, die das Zentrum eines großen
Reiches gewesen war und nun ein solches eines
kleinen staatlichen Gebildes geworden ist. Es ist klar,
daß die Einschnürung unseres Handels sich äußerst
ungünstig auf unser industrielles Leben auswirken
mußte. Als Folge dieser ungünstigen Lage stellte sich
eine ziemlich weitgehende Verarmung des Mittel-
standes ein.
Es ist aber staunenswert und zeugt für, die Le-
benskraft der österreichischen Bevölkerung,
daß doch auf vielen Gebieten Fortschritte erzielt
wurden. Die Elektrisierung hat große Fortschritte ge-
macht, vor allem aber unsere Landwirtschaft. Wer,
wie ich, die bäuerlichen Verhältnisse seit mehr als
einem halben Jahrhundert genau kennt, kann nur
mit Staunen die große Vermehrung der Produktion
feststellen, die im Laufe weniger Jahre eingetreten ist.
Auch auf dem Gebiete des Schulwesens und dem der
Sozialpolitik sind erhebliche Fortschritte erzielt worden,
Sanz besonders erfreulich ist es aber, daß sich in der
üngeren Generation ein energischer Trieb nach auf-
wärts zeigt, der nicht bloß in sportlicher Betätigung,
sondern auch im Streben nach höherer Bil-
lung und Kultur zum Ausdruck gelangt. Diese
jetztere Erscheinung ist es, die mich mit froher Zu-
versicht erfüllt. Denn schließlich und endlich werden
im der Welt nicht die materiellen Mittel für den Er-
folg entscheidend sein, sondern die moralische und
geistige Tüchtigkeit des Volkes.