Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

DER WIEDERAUFBAU 
DER ÖSTERREICHISCHEN GEWERBEFÖRDERUNG 
Von Ministerialrat Kamillo Pfersmann. 
Die Anfänge einer systemmäßigen staatlichen För- herangewachsen. Im Jahre 1008 ist sodann nach Er- 
derung des mittelständischen Gewerbes im alten richtung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten 
Oesterreich gehen auf das Jahr 1892 zurück. Es wurde diese Dienststelle zu einem eigenen Amte, dem Ge- 
damals im Abgeordnetenhause ein Antrag angenommen, werbeförderungsamte, ausgebaut worden. Zu- 
in das Budget eine vorerst bescheidene Summe zu zleich mit dem Gewerbeförderungsamte wurde eine 
dem Zwecke einzustellen, um Handwerker mit modernen zleichfalls staatliche Dienststelle für gewerbliche 
Arbeitsbehelfen, Maschinen und dergleichen zu ver- Xreditangelegenheiten ins Leben gerufen, der 
sehen und sie dadurch in den Stand zu setzen, sich die Aufgabe zufiel, das gewerbliche Kreditwesen zu 
neben der übermächtigen Fabriksindustrie zu erhalten. Drganisieren und dadurch dem Kreditmangel, dem 
Schon bei der ersten Durchführung des Versuches stärksten Entwicklungshemmnisse und einer der Haupt- 
hat es sich herausgestellt, daß eine bloße Ueberlassung .ırsachen der ungünstigen Lage des Kleingewerbes, 
von Arbeitsbehelfen oder Mitteilung neuzeitiger Be- ıbzuhelfen. Die Lösung dieser Frage wurde angebahnt 
triebsweisen nicht genüge, sondern daß Hand in Hand lurch Errichtung und ständige Beratung gewerblicher 
damit eine entsprechende Unterweisung in der Hand- KCreditgenossenschaften und deren Zusammenschluß in 
habung der Arbeitsbehelfe einzutreten habe und daß Verbänden, die nebst den anwaltschaftlichen Funk- 
auch von geeigneten Unternehmerformen, als welche 'ionen hauptsächlich auch die Aufgabe von Geld- 
ür das Handwerk hauptsächlich die Erwerbs- und zentralen und Ausgleichsstellen für die ihnen ange- 
Wirtschaftsgenossenschaften in Betracht kommen, Ge- .chlossenen Genossenschaften zu erfüllen hatten. Die 
brauch gemacht werden müsse. Die gesamte spätere Dienststelle hat an der Errichtung und Einrichtung 
Entwicklung der Gewerbeförderung ist auf diese ersten on ungefähr 400 solcher Kreditgenossenschaften mit- 
beiden in Oesterreich unternommenen Versuche zu- zewirkt, die eine im ganzen befriedigende, zum Teile 
rückzuführen. Aus der Unterweisung in der Hand- ogar sehr günstige Entwicklung genommen haben. 
habung der Maschinen entwickelten sich die Kurse Diese durchaus verheißungsvolle Entwicklung erlitt 
{ür Meister und Gehilfen, bei denen das Schwerge- :inen jähen Abbruch durch den Umsturz, der sich 
wicht in der Werkstättenarbeit lag und die dann zur :unächst schon dadurch höchst unliebsam auswirkte, 
Errichtung der noch heute im Gewerbeförderungs- laß ’eine Anzahl hervorragender Fachbeamten des 
dienste des Bundesministeriums für Handel und Ver- Dewerbeförderungsamtes an das Neuausland, die 
kehr bestehenden Musterbetriebe führten. Allen diesen Nachfolgestaaten, abgegeben werden mußte. Der Rest 
Maßnahmen der Staatsverwaltung war gemeinsam, ler Fachbeamten wurde zum größten Teile von der 
daß die Entwicklung kleingewerblicher Betriebsformen raurigen Notwendigkeit des Abbaues getroffen, gegen 
zu größeren, auf Kapitalsassoziation und Maschinen- Ä\bfertigung entlassen oder pensioniert. Alle Arten 
betrieb begründeten Unternehmungen angestrebt wurde, ‚on Subventionen, die Gewährung von Darlehen, 
Ohne daß jedoch damit der Uebergang von der hand- uschüssen und dergleichen zur Anschaffung von 
werklichen zur fabriksmäßigen Produktion im allgemei- Arbeitsbehelfen. mußten eingestellt werden, die Ge- 
nen angebahnt werden sollte. Eine gewisse Schranke 1ossenschaftsabteilung mußte fallen und die Aus- 
war hier der Entwicklung schon durch die Notwendig- :tellungshalle mit ihrer‘ ständigen Ausstellung tech- 
keit gesetzt, dem Handwerke seinen Charakter unter ıischer Neuerungen, einer Quelle der Belehrung und 
aller Umständen zu wahren und namentlich bei den in ;orgfältigsten Beratung des Handwerkes, mußte auf- 
das reiche Gebiet des Kunstgewerbes fallenden Hand- zelassen und vermietet werden. Geblieben sind 
werkszweigen den Sinn für Qualität, für Edelarbeit >igentlich von dem stolzen Amte, dessen Einrichtungen 
dicht im Getriebe maschineller Massenproduktion unter- vom gesamten Auslande als mustergültig anerkannt 
gehen zu lassen, sondern vielmehr zu vertiefen und worden waren und das nunmehr im Hinblicke auf 
zu qualitativen Höchstleistungen emporzuführen. len beschränkten Wirkungskreis in einen einfachen 
In wenigen Jahren war die staatliche Gewerbe- Gewerbeförderungsdienst des Bundesministeriums für 
förderung aus bescheidenen Anfängen heraus zu einer iandel und Verkehr” umgewandelt wurde, nur die 
stattlichen Dienststelle mit einem ganzen Stabe von Musterbetriebe und Werkstätten. Damit war 
ausgezeichneten Fachleuten und einem Millionenbudget aber wenigstens die Möglichkeit gegeben, die zur
	        
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