wirtschaftlichen Verhältnisse Europas, seine Auswir-
kungen auf Österreich und auf den Donauverkehr
überhaupt, haben demnach der heimischen Donau-
schiffahrt, die für unseren Staat schon vor dem Kriege
von größter Bedeutung war, heute aber für ihn geradezu
eine Lebensnotwendigkeit geworden ist, schwere
Wunden geschlagen, ihre Reichweite auf der Donau
fühlbar eingeschränkt, ihren Schiffspark auf die Hälfte
herabgemindert und sie dem ernstesten Wettbewerb
anderer großer Schiffahrtsunternehmungen gegenüber-
zestellt.
Ungeachtet aller dieser so lebenseinschneidenden
Veränderungen ist die Erste Donau-Dampfschiffahrts-
Gesellschaft mit Anspannung aller Kräfte bemüht, die
erlittenen schweren Schäden wieder gutzumachen, alte
Verbindungen zu stärken und neue anzuknüpfen,
ihren Verkehr zu beleben, den Anforderungen der
Zeit anzupassen und sich ihre Errungenschaften zunutze
zu machen, den Schiffspark zu ergänzen und die Schiffs-
verluste durch Neubauten modernster Art zu ersetzen,
wie dies durch den serienweisen Bau neuer starker
Zugdampfer, insbesondere des den neuesten Zeit-
erfordernissen entsprechenden, überhaupt stärksten
Zugdampfers der ganzen Donau, des
Dampfers „Österreich”, geschehen ist. Die Ein-
legung beschleunigter Fracht- und Eilgüterfahrten, die
Berücksichtigung der Bedürfnisse des Personendienstes
und des Fremdenverkehres im Wege der F ührung
von Eil-, Post- und Lokalschiffen stehen im Dienste
Österreichs wie‘ auch im Dienste des internationalen
Verkehres bis weit außerhalb der engen Grenzen der
Heimat. Ihre zweckentsprechend eingerichteten Lade-
und Umschlagsvorrichtungen längs der ganzen Donau,
hierunter vor allem die modernen Verkehrsanlagen
in Wien, bilden ein wichtiges Mittel des für diese
Stadt wie für ganz Österreich so wichtigen Donau-
ımschlagsverkehres.
In richtiger Erkenntnis der Notwendigkeit aber, der
‚öllig geänderten Lage und den neuen Kräfteverhält-
nissen auf der Donau Rechnung zu tragen, ist es
in letzter Zeit gelungen, die führenden Donaudampf-
schiffahrtsgesellschaften zu einer Betriebsgemein-
schaft zusammenzuschließen, die schon mancherlei
Vorteile gezeitigt hat ‚und noch größere verspricht.
Aber auch sonst regt sich allerlei neues Leben auf
der österreichischen Donau. Neben der Ersten Donau-
Dampfschiffahrts-Gesellschaft sind an österreichischen
Jonauschiffahrtsgesellschaften noch die Rhein-Donau-
Expreßschiffahrts-A. G., die mehrere Motorfrachtschiffe
im Betriebe hält, sowie die Österreichische Binnen-
schiffahrts-A. G. entstanden, die den Personenverkehr
im Donaukanal und in die Umgebung Wiens, be-
sonders nach den Donaustrombädern, mit einer An-
zahl rascher Motorboote besorgt, nebstdem aber auch
ein Zugschiff für den Schleppdienst besitzt.
Auch hinsichtlich der Art der Betriebsmittel sind
Bestrebungen nach tunlichster Anpassung an die
3.1
an
©
Zeiterfordernisse zu vermerken. Im allgemeinen ist in
der Donauschiffahrt, wenigstens was die Großschiff-
fahrt anlangt, mit Rücksicht auf die Eigenart des
Stromes noch. der Dampfer vorherrschend. Neben ihm
haben sich jedoch in einem gewissen Verkehrsumfange
auch schon die mit Verbrennungsmotoren angetriebenen
Schiffe eingebürgert. Es verkehrt auch bereits eine
Anzahl größerer und kleinerer Motorboote für Zwecke
der Personenbeförderung sowie Motorschlepper ver-
schiedener Pferdestärken und Tragfähigkeit.
Die Neuregelung der Verhältnisse bezüglich der
Donauschiffahrt hat auch in völkerrechtlicher Hinsicht
dadurch ihren Ausdruck gefunden, daß im Sinne der
die Donau betreffenden Bestimmungen der Friedens-
verträge im Donaustatut eine neue Rechtsgrundlage
geschaffen worden ist. Die Internationale Donau-
Kommission wurde mit der Aufgabe ins Leben ge-
rufen, die Freiheit der Schiffahrt und die Gleich-
behandlung aller Flaggen im Donauverkehre zwischen
Ulm und Braila zu überwachen. Diese Kommission ist
auch mit Erfolg bemüht, die tunlichste Entwicklung
des Donauverkehres zu fördern und alle ihr im Wege
stehenden. Hindernisse zu beseitigen. Unter anderm
hat diese Kommission auch eine einheitliche Schiff-
fahrtspolizeiordnung für die ganze Donau von Ulm
bis Braila beschlossen.
Auf der Strecke von den Strommündungen bis zu
dem Punkte, an dem die Zuständigkeit der Inter-
nationalen Donaukommission beginnt, übt die Euro-
päische Donaukommission dieselben Befugnisse aus
wie vor dem Kriege.
Erfreulicherweise darf auch darüber hinausgehend
ein allmähliches Erwachen des Interesses für die
Donauschiffahrt verzeichnet werden. So wurde im
Zusammenhange mit einem vom Völkerbunde auf
seiner Konferenz von Genua gefaßten Beschlusse, dem-
zufolge von Zeit zu Zeit über den Zustand der Ver-
kehrswege sowie die Verkehrsmittel in Europa Unter-
suchungen angestellt werden sollen, von der beratenden
and fachmännischen Kommission des Völkerbundes
für die Verkehrswege und den Durchzugsverkehr
Mr. Walker Hines, der im Jahre 1921 den vorstehend
erwähnten Schiedsspruch in Flußschiffahrtsangelegen-
heiten gefällt hatte, mit der Vornahme einer Unter-
juchung über die gegenwärtige Lage der Binnen-
schiffahrt in Europa und insbesondere der Donau
betraut. Mr. Hines, dem bei Durchführung seiner
weitgespannten Aufgabe der amerikanische Major
Mr. Somervell zur Seite stand, hat im Jahre 1925 alle
Donaustaaten sowie die Donau selbst von Regens-
burg bis Sulina bereist und hiebei mit den Vertretern
der Regierungsbehörden, den kommerziellen Faktoren
sowie den Schiffahrtsgesellschaften eingehend Fühlung
genommen. Das Ergebnis war ein höchst wertvoller
und ebenso reichhaltiger als eingehender Bericht. An
der Spitze seiner Darlegungen glaubt Hines feststellen
zu dürfen, daß die allgemeine Lage der Donauschiff-