nann. Er bekleidete diese Funktion bis 13. November
1923. Sein Nachfolger ist der gegenwärtige Bürger-
meister Karl Seitz. Die einzelnen Verwaltungszweige
wurden im Jahre 1020 in acht Gruppen gegliedert,
an deren Spitze je ein amtsführender Stadtrat steht.
Die erste Verwaltungsgruppe umfaßt die Personal-
angelegenheiten; sie leitet amtsführender Stadtrat
Paul Speiser. Es sind rund 54.000 städtische An-
gestellte und Bedienstete, deren dienstrechtliche An-
gelegenheiten von dieser Gruppe verwaltet werden.
Die zweite Gruppe betreut das Finanzwesen:
amtsführender Stadtrat ist Hugo Breitner. Die dritte
Verwaltungsgruppe umfaßt das weite Gebiet des
Wohlfahrtswesens und der sozialen Verwaltung; an
der Spitze steht amtsführender Stadtrat Universitäts-
arofessor Dr. Julius Tandler. Die vierte Gruppe
beschäftigt sich mit dem Wohnungsbau und der
Wohnungsverwaltung. Amtsführender Stadtrat Anton
Weber lenkt dieses wichtige Ressort. Alle tech-
nischen Angelegenheiten der Gemeinde fallen in die
fünfte Verwaltungsgruppe, an deren. Spitze amts-
führender Stadtrat Karl Richter steht. Die Ernäh-
‚ungs- und Wirtschaftsangelegenheiten bilden die
sechste Gruppe; sie leitet amtsführender Stadtrat
Quirin Kokrda. Die siebente Gruppe führt die Be-
zeichnung: Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten.
Sie umfaßt alles, was nicht zu den andern Gruppen,
die nach sachlichen Gesichtspunkten gegliedert sind,
zehört. Vor allem das Bildungswesen, die städtischen
Vluseen und Sammlungen, aber auch die städtische
Feuerwehr, die Gemeindewache und verschiedene
nagistratische Kompetenzen, wie Verleihung des
Heimatrechtes, Straßenbenennung, Baupolizei usw.
Diese Verwaltungsgruppe ist dem amtsführenden Stadt-
at Julius Linder unterstellt. Die städtischen Unter-
ı1ehmungen bilden dieachte Verwaltungsgruppe; anihrer
5pitze steht als amtsführender Stadtrat Vizebürgermeister
eorg Emmerling. Jeder Verwaltungsgruppe ist ein
‚om Gemeinderat gewählter, nur aus Gemeinderäten
ı1ach dem Proporz zusammengesetzter Ausschuß zur
seite gestellt. Die acht amtsführenden Stadträte werden
zur aus den Mitgliedern der Mehrheitspartei genom-
nen und bilden mit vier Stadträten ohne Ressort,
lie aus der Minderheit namhaft gemacht werden, den
stadtsenat, an dessen Spitze der Bürgermeister steht,
Der alte, dreißiggliederige Stadtrat wurde schon im
lahre 1920 abgeschafft. Auch die Zahl der Gemeinde-
-äte wurde seit 1023 verringert. Sie beträgt jetzt nur
'20 gegenüber 165, Die letzte Neuwahl des Wiener
Gemeinderates war am 24. April 1027. Bei einer
Wahlbeteiligung von 92°% wurden LI52.155 gültige
Stimmen abgegeben, davon erhielten die Sozial-
Jlemokraten 604.457 oder 60'27%%; 457.608 oder
30°73°% entfielen auf die übrigen Parteien. Von
den 120 Gemeinderatsmandaten bekamen die Sozial-
Jemokraten 78, die Christlichsozialen und Groß-
deutschen, die unter der Bezeichnung „Einheitsliste”
kandidierten, 42. Die Sozialdemokraten verfügen also
im Wiener Gemeinderat nahezu über die Zweidrittel-
mehrheit.
DER AUSBAU DES HISTORISCHEN MUSEUMS DER STADT WIEN
Das Historische Museum der Stadt Wien
hatte wie alle Kunstinstitute unter dem Einfluß des
Krieges und seiner Folgeerscheinungen stark zu leiden.
Das zeigte sich zunächst schon rein äußerlich: Ein
ı1amhafter und in seiner Anordnung imposanter Teil
seiner Ausstellungsräume, die gesamte IV. Abteilung,
das Waffenmuseum, war seinem eigentlichen Zwecke
entzogen, indem daselbst schon während des Krieges
Kanzleien für amtliche Stellen zur Versorgung und
Beteilung der Bevölkerung mit Lebensmitteln unter-
gebracht waren, und der Weiterbestand dieser Aemter
sich infolge der sehr schwierigen Verhältnisse in den
ersten Nachkriegsjahren nach Beendigung des Welt-
krieges mit seinen drückenden Folgen erst recht als
notwendig erwies. Da überdies die Abteilung I zu
Depotzwecken benützt werden mußte, war das
Viuseum, das bereits im Juli 1917 wieder eröffnet
worden war, nur in äußerst bescheidenem Umfange
‘mit den Abteilungen II und IM) öffentlich zugänglich.
Aber auch diese beiden Abteilungen konnten zunächst
nicht ständig offengehalten werden, sie wurden viel-
mehr wegen Kohlennot während der Wintermonate
regelmäßig bis zum Jahre 1921 gesperrt. Im folgenden
Jahre (3. Dezember 1922) wurde die seit dem Kriege
geschlossene Abteilung I wiedereröffnet und nach
Liquidierung der eingangs erwähnten Versorgungs-
stellen die Wiederaufstellung der Waffensammlung
in der Abteilung IV des Museums in Angriff ge-
nommen, so daß dieser Teil des Institutes am 27. Mai
1923 wieder der öffentlichen Besichtigung zugeführt
werden konnte.
Damit war das Historische Museum der Stadt Wien
zwar wieder ganz geöffnet, aber die durch den Krieg
bedingten politischen und sozialen Veränderungen
stellten das Institut vor neue Aufgaben; weit mehr
als bisher mußte es in den Dienst der allgemeinen
Volksbildung gestellt werden und es wurden zunächst
in dieser Richtung hin die einzelnen Abteilungen
vielfach ergänzt und erneuert. Am durchgreifendsten
war dies bei der Abteilung II der Fall, deren Neu-
aufstellung (am 12. April 1925 eröffnet) nunmehr die
topographische Ausgestaltung des Stadtbildes in
lurchaus neuer, grundlegend geänderter Art zur
Darstellung bringt und auch die historische Entwick-
Ar