Full text: Verständigung zwischen Stadt und Land durch Revision unserer Ernährungspolitik

Rationalisierung der Fleischeinfuhr 
Die im Bild Nr. 5 gegebene Darstellung veranschaulicht, in 
welchem Maße das Ausland uns heute mit den einzelnen Pro- 
dukten versorgt und aibt uns damit wichtige Fingerzeige, am welcher 
Stelle eine Steigerung der Inlandsproduktion besonders 
wünschenswert ist; das Bild zeigt‘ uns aber noch nicht, wo die 
Rationalisierung der Handelsbilanz zu beginnen hätte. 
Dazu wäre zunächst festzustellen, welche gleichartigen Nah- 
rungsmittel das Ausland. am billigsten liefert. Auf Grund der in den 
„Monatlichen Nachweisen über den auswärtigen Handel Deutsch- 
Jands“ veröffentlichten Mengen- und Wertangaben ergibt sich für 
die einzelnen Fleischeinfuhrgattungen die nebenstehend veranschau- 
lichte Skala. 
Am meisten zahlen wir danach für das eingeführte Geflügel. 
Das Bild Nr. 6 zeigte, daß z. B. die Gesamtbelastung durch die Einfuhr 
von Eiern und Geflügel viermal so hoch ist als durch die Gefrierfleischeinfuhr., 
Eine wirksame Entlastung der Handelsbilanz wäre also in erster Linie 
durch Förderung der heimischen Geflügelproduktion zu erreichen, um 
so mehr, als Geflügel weniger von den minderbemittelten, als von den 
kaufkräftigen Bevölkerungsschichten konsumiert wird, die Landwirtschaft 
alsc auch hinsichtlich ihrer Rentabilitätsbedingungen den günstigsten 
Abnehmerkreis hat. Wie groB die Aufnahmefähigkeit für diese Produkie 
ist, ersieht man daraus, daB der Geflügelverbrauch in den Vereinigten 
Staaten fünfmal so hoch ist wie in Deutschland, weil die in allen 
Kulturstaaten festzustellende zunehmende Geschmacksverfeinerung ZWangS- 
läufig zu einer immer stärker werdenden Nachfrage nach diesen feinsten 
Fleischsorten führt. 
Einen sehr hohen Einfuhrpreis hat auch das aus dem Ausland 
eingeführte Kalbfleisch. Die Einfuhrmengen lassen sich leider sta- 
Hstisch nicht feststellen. Die Tatsache, daß der Kalbfleischpreis 
am höchsten von allen Fleischpreisen steht, beweist, daß eine ge- 
steigerte Inlandsproduktion auch für diese Fleischgattung einen kauf- 
kräftigen Abnehmerkreis finden würde. Die Umstellung unserer 
Rinderhaltung auf verstärkte Milchproduktion führt aber schon 
zwanasläufig zu einer größeren Kälberproduktion. 
Produktion und Einfuhr von Hammelfleisch spielen praktisch 
keine besondere Rolle, da Deutschland fünfmal soviel Geflügel als 
Hammelfleisch verbraucht. 
Das eingeführte frische Hammelfleisch ist durchweg hochwertig; 
Jer Kleinhandelspreis reicht ungefähr an den Kalbfleischpreis heran, 
Immerhin hätte hier die Einfuhr gefrorener Hammel, die ebenso billig wie 
das übrige Gefrierfleisch sind, die Möglichkeit gegeben, auch der ärmeren 
Bevölkerung hier und da eine Abwechslung in ihrer Fleischversorgung 
zu bieten. Hier besteht aber der sozial ganz unverständliche Zustand, 
daß das gefrorene Hammelfleisch aus dem zolilfreien Kontingent herauns- 
genommen wurde und mit einem Zollsatz von RM. 45,— belastet wird, 
während das eingeführte hochwertige Hammelfleisch, das vornehmlich 
von den kaufkräftigen Bevölkernngsschichten verzehrt wird, nur einen 
Zoilsatz von RM. 37,50 trägt. 
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