Full text: Revolution und Konterrevolution in China

Intellektuelle und Studenten eine unverhältnismäßig große Rolle, 
Ferner hatte ein bedeutender Teil der chinesischen Intellektuellen in 
amerikanischen, japanischen, englischen, französischen und deutschen 
Hochschulen studiert, also neben der liberalen Freiheitsliebe gleich- 
zeitig auch den Geist der europäisch-amerikanischen bürgerlich- 
kapitalistischen Kultur aufgesogen, 
Das Ideal der überwiegenden Mehrheit der chinesischen Intellek- 
tuellen ist es eben, dem Engländer oder Amerikaner zu ähneln. Man 
kann in dieser Beziehung in China groteske Dinge erleben. Chinas 
bürgerliche Intelligenz möchte ihr Land frei und unabhängig sehen. 
Sie betrachtet aber die Freiheit im englischen oder amerikanischen 
Gesichtswinkel, d. h. sie möchte einen unabhängigen kapitalistischen 
Staat unter bürgerlich-demokratischer Flagge aufbauen. Gewiß, ihr 
Wortschatz ist ein anderer als der der europäisch-amerikanischen 
Kollegen — sie unterhalten sich gern über die Weltrevolution, über 
Sunjatsens Lehre, den Sunjatsenismus, und sogar über die Kommu- 
nistische Partei, aber immer nur unter der Voraussetzung, daß sie die 
Massen führen werden, Wollen die Massen ihre eigenen Wege wandeln, 
bestimmen sie sich selbst aus ihren eigenen Reihen die Führer, ver- 
suchen sie mit Gewalt ihre sozialen Forderungen durchzusetzen, so 
haben sie sofort mit der scharfen Opposition der Studenten und 
bürgerlichen Intellektuellen zu rechnen, 
Während Litisin und Tschangkaischek das Wort dem Bajonett und 
der Bleikugel einräumten, versuchte die bürgerliche Intelligenz unter 
die Konterrevolution eine theoretische Basis zu ziehen. Die Spaltung 
zwischen Nanking und Wuhan bedeutete ebenfalls eine Spaltung der 
Studentenschaft und der bürgerlichen Intellektuellen. Hier wie dort 
waren sie bestrebt, wenigstens etwas Theorie hineinzutragen, eine 
besondere Ideologie ins Leben zu rufen, Während aber in Nanking 
unter den schützenden Fittichen Tschangkaischeks und in Kanton 
unter dem Schutze Litisins eine in allen Einzelheiten ausgearbeitete 
Ideologie der bürgerlichen Konterrevolution entstand, machte man in 
Wuhan vergebliche Anstrengungen, die rechten Taten mit linken 
Phrasen zu decken. Erst nachdem die Spitze der linken Kuomintang 
mit ganz wenigen Ausnahmen in das Lager der Konterrevolution 
hinüberwechselte, begannen auch die Worte den Taten zu entsprechen. 
Der Zusammenschluß Wuhans und Nankings war der Anschluß 
der überwiegenden Mehrheit der Studenten und Intellektuellen an die 
bürgerliche Konterrevolution. Damit endete in der Geschichte der 
chinesischen Studentenschaft und Intelligenz die heroische Periode. 
Nur wenige sind heute vollständig auf die Seite der Arbeiter und 
Bauern getreten, befinden sich im Lager der Revolution — die er- 
drückende Mehrheit ist jenseits der Barrikaden geblieben. Sie stellte 
und stellt eine große Macht dar, gegen die es sehr schwer sein wird 
zu kämpfen, weil in China die bürgerliche Intelligenz in der Politik 
und Oekonomik alle beherrschendem Höhen von jeher besetzt hält, 
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