bedingungen des chinesischen Bauern zu schildern. Nehmen wir die
Provinz, in der die Bauernbewegung am stärksten entwickelt ist und
den Prozeß der politischen Differenzierung beschleunigt hat, .die
Provinz. Hunan, deren gewaltige Bauernbewegung gegenwärtig wohl
zerschlagen, aber nicht unterdrückt ist. Zahlreiche speziale Erhebungen
ergeben folgendes Bild der wirtschaftlichen Lage in den Dörfern der
Provinz Hunan: bis 70 Prozent der ländlichen Bewohner sind Zwerg-
und Kleinbauern, 20 Prozent Mittelbauern und 10 Prozent entfallen
auf die übrigen Kategorien, d. h. auf die Großgrundbesitzer, Gentrys,
Großbauern usw. Die Mehrzahl der Bauern sind Pächter. Der Pacht-
zins wird in Naturalien erhoben und beträgt bis zu 70 Prozent des
Ernteertrages. Dazu kommen zahlreiche Steuern jeder Art, eine
Sonderabgabe von einer Garbe für ein bestimmtes Quantum geernteten
Reis, dreimal jährlich Geschenke an den Pachtherrn und Vermittler,
Frohnarbeit beim Großgrundbesitzer an bestimmten Tagen. Dieses
System, das noch ergänzt wird durch den ungeheuren Steuerdruck
des militärischen Apparats, von dem noch weiter unten die Rede sein
wird, treibt die Bauern den Wucherern, den Gentrys, den Großgrund-
besitzern in die Arme, die sich das Darlehen, das der Bauer zur Be-
zahlung der ihm „auferlegten‘“ Summen benötigt, durchschnittlich mit
10 Prozent pro Monat, d, h. mit 120 Prozent pro Jahr (Provinz Hunan),
verzinsen lassen. Nur in einem Kreis, in einem Dorf haben wir einen
Zinsfuß von 3 Prozent pro Monat, d. h, 36 Prozent pro Jahr, fest-
gestellt. In zahlreichen Fällen entrichteten verschuldete Bauern
solch wucherische progressiv steigende Zinsen, daß sie Üüber-
haupt nicht mehr aus den Schulden herauskamen ... Und dann
das Steuersystem — oder die steuerliche Willkür. Ein solches System,
das jedem Generalgouverneur gestattet, soviel an Steuern zu erheben,
wie er erpressen kann, ist schon mehr eine systematische Plünderung.
In vielen Provinzen haben die Bauern die Steuern im voraus für 20 bis
25 Jahre bezahlt, nicht freiwillig und nicht, weil es ihnen besonders gut
geht, sondern weil man sie dazu mit den brutalsten Mitteln zwingt.
Die ausgebeutete, ausgeplünderte, in immer größere Not geratende
Bauernschaft bildet daher eine äußerst erbitterte Masse, in der es
ständig gährt. In China stehen gemeinsamen Aktionen der Bauern
keine geographischen Hindernisse im Wege, wie etwa im vorrevolutio-
nären Rußland, wo die Entfernung zwischen den einzelnen Dörfern
Dutzende Kilometer betrug. Im Gebiet des Jangtsekiang leben mehr
als 200 Millionen Chinesen. Fährt man auf diesem mächtigen Fluß,
der zwei- bis dreimal so breit ist wie die Wolga, so sieht man an seinen
Ufern Dorf an Dorf gereiht.: Die Dichtigkeit der Bauernbevölkerung,
die einerseits das Elend steigert, den Kampf um das Dasein außer-
ordentlich erschwert, schafft andererseits bis zu einem gewissen Grade
die Voraussetzung für kollektive Handlungen,
Die charakteristische Eigenart Chinas, seiner revolutionären Ge-
biete ist das ungewöhnlich rasche fieberhafte Wachsen der Bauern-
verbände parallel mit dem der Gewerkschaften in den Städten, In
zahlreichen Gegenden haben sich bei der geringsten Möglichkeit die