FEUILLETONISTISCHE WERBUNG FÜR EINEN KURORT UND EIN KURHOTEL 245
unsere stürmische Auffahrt. Einige Damen schrien, andere sahen uns
bewundernd und verzückt an. Aber wir blickten kalt und unnahbar über
sie hinweg.“
„Die beiden reisenden Phantasten hatten nämlich keine Ahnung davon,
daß man in den Garten des Kurhauses überhaupt nicht einfahren kann“,
unterbrach ich den erinnerungsreichen Freund.
Er nickte vergnügt und erzähite weiter: „Man wies uns einen Ehren-
isch an, wo sonst nur die, unseren Träumen nach, täglich zu Dutzenden
nach Baden-Baden kommenden Kaiser, Könige und Fürsten speisten und
bestellten unsere damaligen Leibgerichte.“
»Erbsensuppe mit Schweinsohren und echte Thüringer Rostbratwürste
mit Sauerkraut. Als Nachtisch für jeden 12 Windbeutel mit Schlagsahne.“
„Ja, solche Windbeutel waren wir damals“, lachte Lothar. „Dazu
tranken wir Affenthaler. Weil uns der Name, seiner zoologischen und
Wilden Urwalderinnerungen halber, besonders gefiel, Schließlich landeten
die beiden Helden, natürlich immer auf ihrem siolzen Sechserzug, in
zwei fürstlichen Marmorbadewannen des Friedrichsbades und ließen die
2 7 Leiber von den heißen alkalischen Kochsalzthermen um-
Pülen.“
„Nachdem wir vorher auch für unsere sechs Pferde je ein Marmor-
Wannenbad bestellt hatten“, jubelte ich, selig in den alten Erinnerungen
an unsere erträumte Reise nach Baden-Baden. „Was waren wir doch
für dumme junge Heupferde.“
„Es war eine köstliche Zeit“, meinte Lothar. „Dann kam alles so ganz
anders, Von unseren Märchenträumen löste sich, mit dem Schwinden
des glücklichen Kinderglaubens, der sonnige Glanz und der graue Staub
des Alltages ließ sich darauf nieder. Später, viele Jahre später, erlebte
(Ch dann nochmals eine Enttäuschung.“
Ich sah Lothar fragend an: „Wie? Erzähle. Was war es? Die Liebe?“
„Die Liebe nicht. Aber eine Liebe. Die Liebe zu einem köstlichen
Demanten im Brautkleid unserer Mutter Erde. Ich kam nach Baden-
Baden und fand es viel schöner, tausendmal schöner als unsere Kinder-
Phantasie es uns gemalt. Und unerfüllte Sehnsucht, ein zehrendes Ver-
langen blieb zurück, als ich dieses Paradies wieder verlassen mußte.
Darum sagte ich, du Glücklicher! Wie ich dich beneide.“
„Warum bliebst du nicht?“
„Meine Mission war erfüllt und die Pflicht trieb mich wieder weiter,
neuen Arbeitszielen, neuen Sehnsüchten zu. Du weißt, daß ich Architekt
Seworden bin. Ich habe in Baden-Baden beim Umbau des Badischen
Hofes geholfen.“
ar Badischen Hofes?“ fragte ich überrascht. „Er ist mein vorläufiges
an Dort will ich mein müdes Haupt betten, bis ich eine dauernde
a eibe gefunden haben werde. Ich kenne das liebe alte Haus, habe vor
der. Jahren dort gewohnt und meine Romantikerseele von den Schauern
Br Erinnerungen umwehen lassen. Du weißt doch, daß dieser freund-
iche Gasthof ein früheres Kloster, eine Kapuzinerabtei, gewesen ist?“
; Lothar lächelte: „Wie sollte ich das nicht wissen! Aber du wirst deinen
Br endlichen Gasthof“, wie du dich ausdrückst, nicht wiederfinden.
T ist ein modernes, aber ganz entzückendes Hotel geworden. Ich habe