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DAS HOTEL- UND GASTGEWERBE
30. FEUILLETONISTISCHE WERBUNG
FÜR EIN GROSSTADT-HOTEL
Das in der Einleitung zum vorhergehenden Kapitel Gesagte
trifft ausnahmslos für jede literarische Reklameplauderei zu,
die ein Hotel oder irgendeine mondäne Gaststätte behandelt.
Beim Kurort-Hotel ist die Aufgabe insofern leichter, als sich
über den. Kurort und das Hotel wohl fast immer ein Thema
sowie eine Form finden läßt, wobei der Leser nicht schon nach
den ersten Zeilen die Reklameabsicht merkt und verstimmt
wird. Wie in meinem Beispiel vom Kurort-Hotel, hoffe ich auch
im folgenden Muster einer freierfundenen Großstadt-Hotel-
Plauderei den Beweis zu erbringen, daß sich die Erfüllung
meiner These sehr wohl ermöglichen läßt.
DAS ERSTE HOTEL
Vor dem Portal des Mammut-Hotels hielt mit jähem Ruck ein Auto
von seltsamer Gestalt. Ein solches Fahrzeug hatte man in den Straßen
Berlins noch nicht gesehen. Der Portier und zwei schlanke Chasseure
eilten geschäftig herbei, halfen einer Dame und zwei Herren beim Aus-
steigen und luden die sorgfältig verstauten Koffer ab. Das interessante,
nahezu abenteuerliche Fahrzeug hatte im Nu Hunderte von Neugierigen
angelockt. Sie starrten mit weit aufgerissenen Augen auf das Auto, dann
auf seine Fahrgäste und schließlich auf die prunkvolle Fassade des
Mammut, als müsse von dort eine neue Offenbarung kommen.
„Berlin bleibt sich immer gleich!“ sagte Graf Dux, der dem Wagen
gesteuert hatte und jetzt wieder auf den Führersitz sprang, um das selt-
same Auto in die Garage des Mammut zu leiten. „Es ist eine Großstadt
von drei Millionen Menschen und wenn irgendwo irgendein Droschken-
gaul stürzt oder sonst etwas ganz Alltägliches passiert, dann werden diese
Großstädter mit dem treffenden Witz und dem schnoddrigen Mundwerk
so neugierig wie der kleinste Kleinstädter.‘“
Wie zur Bestätigung, rief in diesem Augenblick die helle Stimme eines
echten Berliner Jungen: