Full text: Das Hotel- und Gastgewerbe

DIE HEITERE ODER SATIRISCHE EPISODE IN DER KURORTWERBUNG 289 
haben, Wer ist im Recht: Sie und Ihr Automobil, die ultimativ freies 
Stinkrecht für sich beanspruchen, oder unsere vielen Tausende zu Fuß 
wandernden Schönheits- und Erholungssucher? Was diese verlangen, er- 
scheint nämlich nicht unbescheiden. Sie wollen reine und gesunde Höhen- 
luft. Entscheiden Sie, weiser Salomo. 
Mit dieser satirischen Behandlung einer grotesken Be- 
schwerde — ich wiederhole, daß die Pointe der Skizze auf 
Tatsachen beruht — wird der Kurort Frohwinkel nicht nur die 
Sympathien aller Nichtautomobilisten, sondern auch aller 
vernünftigen und anständigen Autobesitzer auf seiner Seite 
haben. Die Zahl der vernünftigen und anständigen ist viel 
größer, als der Nichtautomobilist gemeinhin denkt. Also würde 
dem Kurort mit einer solchen Plauderei ein doppelter Dienst 
erwiesen werden. 
Nun zum zweiten Beispiel. Es ist eine wirkliche Groteske, 
und auch sie beruht in ihrem Kern auf Tatsachen. Woraus 
man erkennen kann, daß das Leben selbst oft viel groteskere 
Grotesken schreibt. als der phantasievollste Schriftsteller. 
WIR BITTEN SIE DRINGEND, HERR KUR- 
DIREKTOR... 
„Der Kurdirektor von Winkelhausen, diesem beliebten Reiseziel unge- 
zählter Tausender, weil seine wundervolle Lage, seine balsamische Luft 
und seine ausgezeichnete Verpflegung das Leben so verlängern, daß sogar 
lie mit Beschwerden gespeisten Kurdirektoren Winkelhausens 90 Jahre 
alt werden, also dieser Kurdirektor saß friedlich in seinem Bureau und 
dachte an nichts Böses. Vielmehr dachte er krampfhaft darüber nach, 
wie er den Verkehr in seinem Orte noch mehr heben könne, obwohl er 
jetzt schon täglich Beschwerden bekam, weil die Fremden nur mit Mühe 
unterzubringen sind. Eben wollte ihm ein sehr gescheiter Einfall kommen, 
als so energisch an die Tür geklopft wurde, daß der Einfall einen Mords- 
Schreck bekam und nicht den Kurdirektor, sondern die Flucht ergriff. 
Ein fremder Herr trat ein. Sehr ernst. Beinahe Chopinscher Trauer- 
Marsch, Du weißt, verehrter Leser: „Ach, nun trinkt er keinen Rotwein 
mehr und der Weißwein schmeckt ihm auch nicht mehr!“ Aber auch 
Schr nervös, 
„Meyer aus Berlin!“ stellte er sich vor. „Sehr angenehm.“ Der Kur- 
ülirektor freute sich aufrichtig, endlich einmal den sagenhaften Meyer aus 
Berlin von Angesicht zu Angesicht schauen zu dürfen, 
„Ich komme zugleich im Auftrage mehrerer Gäste des Jupiter-Hotels, 
die den Skandal nicht länger mehr mit ansehen können.“ 
O weh: der Donner grollie schon leise. Nun mußte dieser Unglücks-
	        
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