109
DAS HOTEL- UND GASTGEWERBE
36. AUSNÜTZUNG DER GELEGENHEITEN
Im Hotel wird das Zitat aus Goethes Faust gar oft zur
Wahrheit: „Greift nur hinein ins volle Menschenleben! Und
wo ihr’s packt, da ist’s interessant.“
Es gibt genug Hotels, in denen sich schon ein Stück Welt-
geschichte abgespielt hat. Wenn diese Hotels erzählen wollten,
was könnten sie alles berichten! Nun, ich bin der Meinung,
daß die Gelegenheit beim Schopfe gefaßt und das Licht nicht
unter den Scheffel gestellt werden sollte. Damit will ich sagen,
daß die Besitzer oder Leiter unserer großen Hotels bei passen-
den Gelegenheiten in den Schatz ihrer Erinnerungen greifen
und daraus liebenswürdige kleine Plaudereien machen sollten.
Um passende Gelegenheiten braucht ein findiger Kopf nicht
verlegen sein. Gelegenheiten sind nicht prüde. Sie lassen sich
gern finden.
Wiederum will ich, statt vieler Worte, ein Beispiel aus der
Praxis sprechen lassen.
Ein bekanntes schweizerisches Hotel sah im Jahre 1924 auf
das bescheidene Jünglingsalter von 80 Jahren zurück. Aus
diesem Anlaß gab es eine Jubiläumsschrift heraus, die des
Hauses Geschichte von 1844 bis 1924 umfaßte. In der Zeit-
spanne von 80 Jahren erlebt ein Hotel allerhand und kann
manches erzählen. Unter Umständen bietet solche Jubiläums-
schrift sogar dem ernsten Historiker willkommenes Material.
Solche Gelegenheit läßt sich zu einer ganzen Serie fesselnder
kleiner Plaudereien verwerten, die eine unbezahlbare Reklame
für das plaudernde Hotel darstellen. Die Leitung jenes Hotels
scheint diese ausgezeichnete Reklamegelegenheit auch gut
ausgenützt zu haben, denn ich fand in mehreren schweizerischen
Blättern, aber auch in deutschen und Österreichischen
Zeitungen, kleine Skizzen aus der Geschichte jenes Hotels. Es