DIE WAEHRUNGSREFORM IN ESTLAND
Die am 1. Januar d. J. erfolgte Inkrafttretung der
Anfang 1927 erlassenen Währungsreformgesetze bil-
dete den Abschluß der bereits einige Jahre früher be-
gonnenen Bestrebungen einer durchgreifenden Reorga-
nisation des bestehenden Währungssystems. Der erste
offizielle Schritt der Regierung in dieser Richtung waı
ein Gesuch an den Völkerbund im Jahre 1924 um Ent-
sendung einer Sachverständigenkommission zweck?
Abgabe eines Gutachtens üiber die wirtschaftliche und
Änanzielle Lage des Landes, welches in der Folge zu
Unterzeichnung des Genfer Protokolls vom 10. Dezem-
ber 1926 führte, worin die grundlegenden Prinzipien
tür die Durchführung des von der erwähnten Kommis-
sion gutgeheißenen Reformschemas festgesetzt wurden.
Die wesentlichsten Verfügungen der Genfer Urkunde
Hestanden in der Einführung des Goldvaluta-Standards
und einer neuen Münzeneinheit sowie der Neuetablie-
rung der Eesti Bank als private Notenbank mit dem
alleinigen Emissionsrecht für die Dauer von 25 Jahren;
die für ein zentrales Noteninstitut ungeeigneten lang-
Iristigen Aktiva der Bank sollten. durch eine neu zu
gründende. Staatliche Hypothenbank übernommen wer-
den und die zu diesem Zweck notwendige Summe auf
dem Wege einer unter den Auspizien des Völkerbundes
aufzulegenden internationalen Anleihe aufgebracht wer-
den. In Einklang mit den Bestimmungen des Protekolls
wurden die eingangs erwähnten Cesetzanträge . aus-
gearbeitet und am 3. Mai 1927 von der Staatsversamm-
lung verabschiedet, und zwar: die Statuten der Eesti
Bank, das Währungsgesetz, das Gesetz über die Ein-
stellung der Emission der Staatskasse und das Gesetz
über die Außenanleihe. Das letztere Gesetz bevoll-
mächtigte die Regierung zum Abschluß einer Anleihe
auf dem internationalen Geldmarkte für einen Gesamt-
nettobetrag von £ 1.350.000. Von dieser Summe sollten
gemäß dem Protokoll 1 Million Pfund für den Ankauf
der langfristigen Aktiva der Eesti Bank und der Res!
als Operationskapital für die‘ Hypothekenbank ver-
wandt werden.
Die Statuten der Staatlichen Hypothekenbank un-
ar dem Namen Bank für Langfristige Darlehen wurder
on der Staatsversammlung am 15, November 1927 be-
tätigt. Ferner wurde eine Staatliche Sparkasse ins Le-
‚en gerufen, da die Eesti Bank nach dem 1. Januaı
928 nicht. mehr berechtigt ist, für Depositen Zinsen zvU
ahlen, Der Uebergang zu dem neuen System vollzog
ich im Wesentlichen nach folgendem Schema. Lauf
lem Währungsgesetz und dem Gesetz über die Einstel-
ıng der Staatsemission wurde die letztere mit eineı
jesamtsumme an ausstehenden Noten per 31. Dezem-
er 1927 von 1.310 Millionen Estmark mit der eigenen
‚mission der Eesti Bank amalgamiert. Gleichzeitig trat
ne Eesti Bank der Regierung langfristige Darlehen im
Verte von rund 2.700 Millionen Emk, ab. Als Aequi-
alent hierfür empfing die Bank den Gegenwert von
: 1 Million = ca. Emk, 1.820 Millionen, sowie die Me-
all- und Valutareserven der Staatskasse in Höhe von
'mk. 537 Millionen, der Rest wurde gegen die lang-
:istigen Depositen der letzteren bei der Eesti Bank
iufgerechnet,
Die Konversion erfolgte im Verhältnis von 100
hemalige Mark = 1 Krone = 100 Cent. Die neue Ein-
ıeit hat einen Goldgehalt von 0.40323 fein bei eineı
’ollarparität von 0,268. Als gesetzliches Zahlungs-
nittel gelten ausschließlich die Noten der Eesti Bank
°;ür die Dauer des Notenprivilegs der Bank ist die
;taatskasse gehalten, keine Zahlungsmittel auszugeben
nit Ausnahme der ihr gesetzlich übertragenen Emission
ron Scheidemünzen. Bis zur Prägung der letzteren ist
lie Staatskasse befugt, Papiergeld in entsprechenden
{upüren zu emittieren, welches nach Maßgabe der In-
‚mlaufsetzung von Metallmünzen aus dem Verkehr zu
jehen ist.
— Die Eesti Bänk ist eine zentrale Emissionsbank mit
inem Aktienkapital von 5 Millionen Kronen, "welche
jumme vorerst von der Regierung gezeichnet‘ wurde
n deren Hände die Anteile bis zu ihrer Realisierung au!
lem privaten Markte verbleiben, jedoch nicht länger als
ür die Dauer von 2 Jahren. Zwecks Aufrechterhaltung
ter Goldparität und Gewährleistung der Einwechsel-
)arkeit ihrer Noten ist die Bank gehalten, die gesetz-
ichen Zahlungsmittel anderer Goldstandard-Länder zu
werben bezw. zu verkaufen, jedoch nur in Beträgen
ron jeweils bis zu 5000 Kronen, Die Emission und die
sonstigen jederzeit fälligen Verbindlichkeiten müssen
u mindestens 40% durch Gold und Devisen gedeckt
ein.
Am 20. Juli 1927 wurde die Anleihe zum Kurse
von 944 bei einem Zinssatz von 7% p. a. aufgelegt. Die
Realisierung erfolgte in London. im ‚Betrage von
£ 700.000 und New-York — $ 4.000.000. Die Dauer
der Anleihe beträgt 40 Jahre mit dem Recht einer par-
tiellen oder vollständigen Tilgung nach dem 1. Juli
1937. Als Treuhänder der Anleihe wurde Herr Albert
Janssen, Glied des Finanzkomitees des Völkerbundes,
ernannt.
BANK HANDLOWY W WARSZAWIE Ä
Seit dem 1. Juli 1927, das ist seit. Realisierung der
Beschlüsse der Generalversammlung der Aktionäre am
21. Mai 1927 betreffend die Fusion mit der Bank des
Pays Polonais Reunis und die Erhöhung des Grundka-
pitals auf 20 Millionen Zloty mit Hilfe einer auslän-
lischen Gruppe, begann für die Bank eine neue Ent-
wicklungsperiode.
3ank Gospodarstwa Kraiowego (Landeswirtschafts-
jank) an der Bildung des Grundkapitals der Gesell-
ichaft für die Exploitation des Tabakmonopols in der
°reien Stadt Danzig.
Im Oktober 1927 hat die Bank Handlowy in War-
ichau zusammen mit der Bankers Trust Company, der
juaranty Trust Company, Blair & Co und der Chase
Vational Comp. mit der polnischen Regierung einen
Vertrag betreffend die 7%-ige Stabilisierungsanleihe in
ler Gesamthöhe von 62 Millionen $ und 2 Millionen £
ınterzeichnet, wobei-sie 1 Million $ des polnischen An-
eiles übernommen hat, Dieser Anteil Polens wurde
'on dem Syndikat der polnischen Banken, der zu die-
‚em Zwecke geschafien worden ist, zur Zeichnung aus-
yzeschrieben. Bereits nach 5 Tagen war die Anleihe
21% mal überzeichnet.
Die neue Aktienemission ist in der vorgeschriebe-
nen Zeit vollkommen gedeckt worden, und zwar wur-
den von dieser Emission 6 Millionen Zioty von auslän-
Jischen Aktionären: das Bankhaus W. A. Harrimaun
& Co Incorp., New-York, die Banka Commerciale in
Mailand, die Banque de Bruxelles und die Niederöster-
reichische. Escomptegesellschaft, Wien gedeckt, wäh-
‚end die übrigen 4 Millionen vollkommen von pol
mischen Aktionären übernommen worden sind. Die
durch diese 14. Aktien-Emission der Bank erhaltenen
10 Millionen Zloty sind dem Grundkapital überwiesen
worden, das auf diese Weise eine Erhöhung auf 20 Mil-
ijonen Zloiy erfahren hat.
Die Operationsssumme der Bank erreichte im
jahre 1927 die Höhe von 4.253.358.210,22 Zioty gegen
2.257.587.197,16 Zioty im Jahre 1926. Was die einzel-
nen Positionen der Bilanz per 31. 12. 1927 anbetrifft,
so ist zu bemerken, daß die Summe der Einlagen, De-
positen auf den Scheckkonti und die Spareinlagen die
Höhe von 28,9 Millionen Zloty gegen 4,4 Millionen in
ler Bilanz vom 31. 12. 1926 erreicht hat.
‚Die Kreditsaldi auf den laufenden Rechnungen be-
lrugen am 31. 12. 1927 28,1 Millionen Zloty gegen 12,6
Millionen am 31, 12. des Vorjahres, was eine Stei-
gerung um 15,5 Millionen Zloty bedeutet.
Das Portefeuille der Handelswechsel betrug 40,8
Millionen Zloty gegen 15,8 Millionen 1926. Die Debi-
toren stiegen von 17,4 Mi‘lionen am 1. Januar 1927 auf
40,7 Millionen am 31. 12. 1926. Die Liquidität der
Bank hat im vergangenen Jahre ein. hohes Niveau er-
reicht. Die Kassensummen der Bank betrugen laut Bi-
lanz vom 31. 12 1927 — 9.774.369 Zioty während das
7ortefeuille der leicht realisierbaren Wechsel sich auf
40,8 Millionen Belief,
im Laufe des Jahres 1927 hat die Bank in hervor-
ragender Weise an zahlreichen internationalen Finanz-
»perationen teilgenommen, so ar der 6%igen Anleihe in
löhe von 1.900.000 £ der Freien Stadt Danzig sowie
zemeinsam mit einer polnischen Bankengruppe und der
Außerdem hat die Bank Handlowy in Warschau an
ler Neuemission der Aktien der Maschinenwerke ın
)strowice teilgenommen,
Die Gewinn- und Verlustrechnung per 31. 12. 1927
veist einen Reingewinn für das abgelaufene Geschäfts-
ahr in Höhe von 2.388.578,18 Zloty aus, wovon lauf
Jeschluß der Generalversammlung 1 Million Zioty der,
jpezialreserven gutgeschrieben, während 6% als Divi-
lende ausgeschüttet werden, d. s. 6 Zloty für jede Aktie
fer 13. Emission und 3 Zloty für jede Aktie der 14
mission. Bezüglich der Gewinne im Jahre 1928 wer-
den sämtliche Aktien der Bank sowohl der 13. als auch
tier 14. Emission gleiches Recht haben.
Der Verwaltungsrat hat in dem Bestreben, die Be-
ijehungen mit dem Auslande zu erweitern, sich um die
Zusammenarbeit mit gutfundierten ausländischen Insti-
uten bemüht, Diese Bemühungen waren bereits in der
'rsten Monaten des laufenden Jahres von Erfolg ge
:rönt. Die Hambros Bank Ltd. in London und die
’ester-Ungarische Commerzialbank in Budapest haber.
ich bereit erklärt, ein Aktienpaket der Bank Handlowy
v Warszawie zu übernehmen, welches ihnen von eineı
iruppe fremder Aktionäre abgetreten worden ist. Au’
liese Weise ist es gelungen, die Gruppe der auslän-
lischen Teilnehmer der Bank zu stärken, ohne jedoch
las Beteiligungsverhältnis zwischen der fremden und
ier polnischen Gruppe am Kapital zu ändern. Dadurctk
ind die Möglichkeiten für eine weitere günstige Ent-
vicklung der Bank Handlowy w Warszawie geschaffen
vorden.
. Druch die nach langen Jahren erfolgte Wiederer-
angung der Seeküste besitzt Polen einen Ausgang nach
ler weiten Welt zu den Ozeanstraßen, wodurch das
„and seinen neuen Nachbarn angenähert wird, bildet
loch das Meer diejenige Brücke, welche alle Völker an
jämtlichen Küsten als Nachbarn verbindet,
Als Pionierunternehmen, welches die polnische
"lagge über das Meer trägt und Polen mit der Welt
rerbindet, gilt in Polen die staatliche Schiffahrtsgesell-
ichaft „Zegluga Polska‘.
Es dürfte Zeit sein, daß sich der durchschnittliche
3ürger Polens dessen bewußt wird, daß ihm das Meer
fen steht, und von diesem für jedermann freien Wege
ı1ach den fremden Ländern Gebraucht macht. Kine See-
eeise gewährt die beste Erhohlung und bildende Zer-
;treuung. Bie Bekanntschaft mit dem Meere lehrt den
Menschen in die Ferne zu. blicken, über die Kleinigkei-
ien des Alltags hinwegzusehen. Das Meer gibt der
venschlichen Seele diese wunderbare Ruhe und das
Hei. hgzewicht, die sich vielfach bei den älteren See-
euten beobachten lassen, 1äßt die ganze Nichtigkeit
inserer alltäglichen Fragen zutage treten und ermutigt
@ höheren Gedanken; es erweitert unseren Horizont
ınd befreit uns von der Nervenanspannung, welche uns
las tägliche Dasein verbittert.
In Erkenntnis dieser deutlichen, leider aber so
venig eingesehenen Wahrheit, organisiert das noch
unge polnische Schiffahrtsunternehmen, die Zegluga
7olska, deren fachmännische Leitung in den Händen
les Direktors Juljan Rummel ruht, eine ganze Reihe
‚on Seereisen nach dem Baltikum, nach den skandi-
1avischen und ostbaltischen Ländern, Der umgebaute
ınd diesen Reisen speziell angepaßte Dampfer „Gdy-
ua‘. wird die Mission, Polen mit diesen Ländern näher
m bringen, zu erfüllen haben, Dieser Dampfer besitzt
ne. Reihe bequemer Kabinen, einen schönen Damen-
jalon mit Klavier, einen großen Rauchsaal, ein Restatt-
'ant und ist ferner mit sämtlichen . Bequemlichkeiten
ür die Passagiere ausgestattet. Die neu erbauten
Luxuskabinen laden‘ zu Seereisen ein und dürften ihren
Eindruck auf die Reisenden nicht verfehlen. Küche. und
Biifett, weiche von einem langjährigen Fachmann -ge-
leitet werden, bürgen für schmackhafte und nahre
‘hafte Speisen. Alle diese Bequemlichkeiten haben den
Zweck, das Publikum zu den von ihm so wenig ausge-
1ützten Vergnügungen einer Seereise zu bewegen,
Auch für die Entwicklung der polnischen Seebäder
st die Aufrechterhaltung des Küstenverkehrs unent-
ehrlich. Dank der Organisierung einer Küstenschiff-
ahrtslinie durch die „Zeghuga Polska‘ wurde im Vor-
ahre eine bequeme Verbindung zwischen den Küsten-
wrischaften, beginnend in Danzig und endend in Helga,
‚eschaffen. Besondere Aufmerksamkeit wurde der
/erbindung zwischen Gdynia, Hela und Danzig sowie
lem Verkehr mit Jastarnia geschenkt, Diese Verbin-
lung ist von_nicht zu unterschätzender Bedeutung, da
je die Entwicklung der polnischen Seebäder beschleu-
gt und den Kurgästen die Möglichkeit einer
schnelleren und angenehmeren Reisa als mit der Eisen-
jahn bietet. Der Verkehr auf den genannten Linien
wird durch folgende Dampfer bedient: dem großen
Luxusdampfer „Gdynia‘“, welcher über 1000 Passa-
ziere faßt, die soeben auf der Palmerwertt in England
ertiggestellten Luxus- und Schnell-Dampfer „Jadwiga”*
ınd „Wanda“ sowie das in diesem umgebaute Küsten-
‚chiff „Hanka“.
Die Fahrzeiten des Küstenverkehrs sind dem
3isenfahrplan angepaßt, wodurch bequeme Ver-
xehrsbedingungen an der Seeküste geschaffen sind. Die
Votwendigkeit einer solchen Verbindung erhellt, wenn
nan berücksichtigt, daß während der kurzen Saison
m vergangenen jahre von den Dampfern der Küsten-
;chiffahrtslinie über 70.000 Passagiere befördert wor-
ien sind, ein Beweis, wie schnell sich das Leben an
ler Seeküste entwickelt und welche Bedeutung sie für
las ganze Land besitzt. Es darf nicht außer acht ge-
assen werden,, daß die polnische Seeküste noch vor
:inigen Jahren fast einer Wüste glich, während dort
ıeute Pensionate, Hotels, Konditoreien u. Ss. w. empor-
vachsen. Es dürfte aber auch keinem Zweifel unter-
ijegen, daß eines der größten Vorzüge der .Seeküste
lie angenehmen Seefahrten sind. Die Passagierabtei-
ung der „Zegluga Polska“ ist unter der Leitung des
»rfahrenen Marinekapitäns Henryk Broszkiewicz, der
ich immer mehr als ein tüchtiger und _energischer
Jrganisator auszeichnet, um eine ständige Erweiterung
hrer Tätigkeit bemüht.
Um den ausländischen Gästen die Reisen beque-
ner zu gestalten, hat die „Zegluga Polska‘ bei der
Ersten Polnischen Seebädergesellschaft (Pierwsze
Polskie Towarzystwo Kapieli Morskich) in Warschau,
Krakowskie PrzedmiesScie 20-—22, Telefon 235-60,
än besonderes Schiffskarten-Verkaufsbüro eingerichtet.