Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

106 Schlußfolgerungen für die, Organisation des Geld- und Kapitalmarkts. 
Hemmungen bei den ausländischen Kreditgebern beruht. Sie beruht keineswegs 
darauf, daß etwa im Ausland nicht genug Kapital „erspart“ worden sei, um deutsche 
langfristige Kapitaltitel in die Hand nehmen zu können, denn im Ausmaß der deut- 
schen Reparationszahlungen. „sparen‘‘ die englischen, französischen usw. Personen 
Steuerbeiräge, welche sie sonst hätten zahlen müssen, Es ist ferner, wie gezeigt 
wurde, so, daß 1. je länger die ausländischen Hände zögern, ihre deutschen For- 
derungen langfristig zu konsolidieren, um so mehr. Störungen für ihr Preisniveau 
eintreten, und daß 2, „kein anderer Weg nach Küßnacht führt“ als der über 
eine Konsolidierung zur Beseitigung der Störungen. Im übrigen muß auf die früher 
behandelten Gesichtspunkte verwiesen werden, 
In Deutschland kommt es leicht dazu, daß diese Verkehrsstörung eine Ver- 
größerung des Notenumlaufs und damit eine Bankdiskonterhöhung herbeiführt. 
Man stellt sich das am besten an der Illustration. 13 vor, indem man annimmt, daß 
die dort als schematisches Beispiel benutzte Bank M. M. Warburg & Co ihre 
Forderungen auf ihre Kunden A, B; C. D; E. F usw. durch Wechsel entnimmt 
und diese Wechsel bei der. Reichsbank in Noten umwandelt. Führen solche Ge- 
schäfte zur Erhöhung des Reichsbanksatzes, so ist letzteres ein völlig untaugliches 
Abhilfsmittel. Es bewirkt das Gegenteil, denn die Lust deutscher Betriebe, etwa‘ zur 
Aufnahme von Hypotheken, geht mit der Diskonterhöhung: erst recht zurück; wer 
will sich zu solchen Sätzen langfristig binden? Das kann allenfalls die Öffent- 
liche Hand, bei welcher der Aufwand nicht an der Höhe der Leistung geprüft wird, 
und welche dazu regelmäßig als Monopolbetrieb in der Lage ist, die mechanische 
Addition ihrer Selbstkosten als „gerechten“, marktangemessenen Verkaufspreis ihrer 
Betriebsleistungen zu diktieren1), Privatbetriebe und erst ‚recht die unter Welt- 
marktkonkurrenz stehenden Betriebe können sich solchen Zinsluxus für lange 
Kontrakte nicht erlauben. Statt sich langfristig an unmögliche Zinslasten zu binden, 
probiert man lieber, weiter kurzfristig, wenn. auch relativ teuer, durchzuhalten. 
Man ist also hüben und drüben, hier und im Ausland zu langfristiger Kontrahierung 
unlustig, trotzdem man auf Gedeih und Verderb unlösbar bereits miteinander 
verbunden ist. ; 
Natürlich tritt gleichzeitig mit der — aus diesem inländischen Motiv eventuell 
erfolgenden — Diskonterhöhung der gewöhnliche Erfolg ein, daß das Ausland etwas 
weniger „an der Devisendecke zerrt‘, in geringerem Umfange: Geld kündigt und 
„zurückruft‘“, weil nunmehr der Zins wieder wesentlich höher wird als im Aus- 
land, Und gerade dieser Umstand beleuchtet den. circulus vitiosus, den die Zwangs- 
wirtschaft des Dawes-Plans auf dem Geld- und Kapitalmarkt entstehen läßt: Damit 
der Zins deutsche Betriebe zu langfristiger Anlage anreize, müßte der Diskont 
und damit der Kapitalzins heruntergehen. Der Zins für deutsche Obligationen, Hypo- 
iheken usw. könnte dann trotzdem um eine kleine Anreizspanne höher sein als 
entsprechende ausländische Anlagen. Geht der deutsche Diskont. aber herunter, 
dann ist er nicht mehr so viel höher wie der ausländische Zins für kurzfristige 
Anlage, sodaß ein stärkeres „Zurückrufen‘ der Gelder in das Land der Eigentümer, 
also ein verstärktes „Zerren an der Devisendecke‘ erfolgt, sodaß der Wert der 
Mark sinkt und der Bankdiskont wieder heraufgesetzt werden muß, um die deutsche 
Währung nicht zu gefährden. — Der Urgrund ist hier das Übermaß, der unge- 
heuerliche, nicht wirtschaftsorganische Überfluß an kurzfristigen. Auslandsgeldern, 
; Damit haben‘ wir die Kernfrage des ganzen Problems berührt. Es handelt sich 
darum, neuartige Finanzierungs- und Geldmarktinstrumente zu schaffen, um den 
?) Siehe hierzu Mahlberg, Der Betriebsbegriff und das System der Betriebswirtschafts- 
lehre. a. a. 0.
	        
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