$ 12. Das Anwendungsgebiet.
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Loyalität seines Vertragsgegners angewiesen. So erklärt es sich, daß
von der schwierigen Durchsetzbarkeit des bedingten Meistbegünsti-
zungsanspruchs vielfach auf die materielle Rechtslage zurückgeschlossen
und der Rechtsanspruch aus der bedingten Meistbegünstigungsklausel
überhaupt verneint wurde. Fernerhin wird es verständlich, daß die be-
dingte Meistbegünstigungsklausel so in der Praxis zum Instrument der
handelspolitischen Diskrimination werden konnte,
Nachdem die Vereinigten Staaten das System der bedingten Meist-
begünstigungsklausel aufgegeben haben und insbesondere auch die Welt-
wirtschaftskonferenz, die zuständigen Komitees des Völkerbundes, wie
auch die internationale Handelskammer sich mit größter Entschieden-
heit zugunsten der unbedingten Meistbegünstigungsklausel ausge-
sprochen haben, wird voraussichtlich die bedingte Meistbegünstigungs-
klausel in nicht allzu langer Zeit nur nach historisches Interesse haben.
VI. Das Anwendungsgebiet der
Meistbegünstigungsklausel.
8& 12.
I. Die Meistbegünstigungsklausel kann sich auf sämtliche Gegen-
;stände eines Handelsvertrages beziehen?, d.h. auf die Behandlung
des internationalen Warenverkehrs,
der Ausländer,
der fremden Verkehrsmittel.
[m konkreten Falle macht jedoch die Abgrenzung des Anwendungs-
gebietes einer bestimmten Klausel unter Umständen erhebliche Schwie-
rigkeiten.
Naturgemäß ergibt sich eine gewisse Begrenzung der Meistbegünsti-
gungsklausel schon aus dem Rahmen des einzelnen Handelsvertrages®.
Wenn in einem Vertrage nur ein Ausschnitt von dem Gesamtkom-
plex der handelspolitischen Beziehungen geregelt wird, so ergibt sich
hieraus ohne weiteres auch die Beschränkung der Meistbegünstigungs-
1 Comite Economic: Rapport vom 23. Jan. 1929, S. ıx. Vgl. MEINE: a. a. O.
S. 14ff. ....,Die Kontrahenten haben wohl einen Rechtsanspruch auf Gleich-
stellung mit anderen Nationen, die Verwirklichung dieses Anspruches ist aber bei
Böswilligkeit einer Partei, ohne daß sie dabei vertragsbrüchig sein muß, unmöglich.“
Borcıus: Deutschland und die Verein. Staaten S. 51, 1899: Die bedingte Meist-
begünstigungsklausel „bedeutet überhaupt nicht mehr, als daß das einen Handels-
vertrag abschließende Land bereit ist, auch noch mit anderen Ländern gleichgünstige
Handelsverträge abzuschließen‘‘.
2 Die Meistbegünstigungsklausel kommt außerhalb der Handelsverträge selten
vor, ist jedoch nicht notwendig auf sie beschränkt.
3 BaspevanTt: a. a. O0. Nr. 35.