Herr Neitzel, den ich in Addis Abeba traf, und der eine in
der Nähe Metaharas gelegene Baumwollplantage, die mit
deutschem und englischem Kapital begründet worden ist,
verwaltet. Er studierte früher Religionsgeschichte an der
Universität Jena, und so ist Baumwollkultur für ihn ein
ganz neues Gebiet; aber seine Tätigkeit verschaffte ihm eine
sehr intime Kenntnis der Landessitten, die ihm bei der Her—⸗
stellung von Verbindungen mit den Volksstämmen, von
denen er seine Arbeitskräfte bezog, ebenso nützlich war wie
seine Gewandtheit im Gebrauch ihrer Sprache. Seine per—
sönliche Einladung, in Metahara Aufenthalt zu nehmen,
wurde nach seiner Rückkehr auf seine Plantage durch einen
Brief ergänzt, den ich hier wiedergeben möchte, da er einen
guten Einblick in die dortigen Verhältnisse gewährt.
„Heute besuchte mich der Danakilhäuptling Ibrahim, der
das Land südlich von Ankabar beherrscht. Dennon, ein
anderer Danakilhäuptling, ist unglücklicherweise in Addis
Abeba verhaftet worden, um sich wegen der Ermordung von
sechs Arabern und sechs Abessiniern, die sich in der Nähe
seines Wohnsitzes zugetragen hat, zu verantworten. Ich
weiß, Sie wollten mit Dennon auf die Jagd gehen, hoffe
aber, daß seine Abwesenheit Sie nicht verhindern wird, zu
kommen.
Die Flußpferde haben uns infolge des niedrigen Wasser⸗
standes im Hawasch verlassen, aber einige Gazellen und
Antilopen sind da. Meine Kochkiste ist geheimnisvollerweise
verschwunden, Sie tun daher, falls Sie nicht mit Einge⸗
borenenkost zufrieden sind, gut, sich etwas mitzubringen.
Straußeneiergerichte ohne Speck und viel Perlhühner sind
hier immer zur Verfügung. Einige Flaschen mit trinkbarem
Inhalt würden Ihrer Volkstümlichkeit bei den Eingeborenen
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