Geschichtliche Einleitung.
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Noch ehe die Entquetekommissionen ihre Thätigkeit vollendet und ihre
Berichte erstattet hatten, brachte der Reichskanzler am 12. November 1878')
beim Bundesrathe den Antrag auf Einsetzung einer besonderen Kommission
ein, welche unter Benützung des vorhandenen, sowie desjenigen Materials,
welches durch die Enqueten ' geschaffen und dieser Kommission zu überweisen
wäre, eine Revision des Zolltarifs vorzubereiten und die erforder
lichen Anträge bei dem Bundesrathe zu stellen hätte.
Diesem Antrage stimmte der Bnndesrath bereits am 12. Dezember 1878
nach den von den betreffenden Ausschüssen gemachten Vorschlägen bei?)
Unterdessen war am 26. Juni 1878 3 ) ein Reichsgesetz sanktionirt worden,
wonach über den Tabackbau, die Tabackfabrikation und den Handel
mit Taback und Tabackfabrikaten gleichfalls Erhebungen veranstaltet werden
sollten, deren Resultat dem Reichstage vorzulegen wäre. Auch hiefür wurde
auf Grund von Anträgen des Reichskanzlers^) und der Bundesrathsausschüpe 5 )
durch den Bnndesrath die Aufstellung einer Kommission bereits am 4. Juli
1878 beschlossen?)
Ehe noch die Zolllarifkommission ins Leben getreten war legte in einem
Antrage vom 15. Dez. 1878 Fürst Reichskanzler seine Ansichten über die
Reform der Zolltarife dem Bundesrathe dar,') um dieselben der genannten
Kommission zur Erwägung zu überweisen, was auch durch den Bundesraths
beschluß vom 30. Dez. 1878 geschah?)
In diesem Antrage des Reichskanzlers wurde besonders betont, daß in
erster Linie das Interesse der finanziellen Reform, das heißt Verminderung
der direkten Steuerlast durch Vermehrung der auf indirekten Abgaben beruhen
den Einnahmen des Reiches, stehe. Es wurde sodann statistisch nachgewiesen,
daß Deutschland in der finanziellen Entwickelung seines Zollwesens weit hinter
andern Staaten zurückgeblieben sei und höheren Zöllen nebst der indirekten
Besteuerung, gegenüber der immer drückender wirkenden direkten Besteuerung,
besonders das Wort geredet, auch außerdem eine Erleichterung für letztere bei
höheren Erträgnissen der ersteren in Aussicht genommen, da eine erhöhte
Besteuerung nicht beabsichtigt werde. Das Wesen der vom Reichs
kanzler beabsichtigten Finanzrefvrm solle nicht in einer Vermehrung der für
die Zwecke des Reiches und der Bundesstaaten nothwendigen Lasten, sondern
in der Uebcrtragnng eines größeren Theiles der unvermeidlichen Lasten auf
die weniger drückendeil illdirekten Stenern bestehen, &it bereit Verwirklichung
auch die Zolltarifrevision gehöre.
Vor Allem wurde hiefür die allgemeine Zollpflichtigkeit aller eingehenden
Gegenstände, sowohl vom finanziellen, als auch vom volkswirthschaftlichen
Standpllnkte als wünschenswerth bezeichnet, sodann aber, ohne dem Schutzzoll
oder Freihandel speziell den Vorzug zu geben, hervorgehoben, daß es nicht
gerechtfertigt, aber im wirtschaftlichen Interesse der Deutschen Nation geboten
erscheine, sich zu einer Zeit nicht dnrch die Besorgniß in der Befriedigung
') Drucks, des Bundesrathes Nr. 123.
') Drucks. Nr. 136 u. Prot. v. 12. Der. 1878 § 551.
3 ) Reichsgesetzdl. 1878 S. 129
4 ) Drucks. Nr. 93.
0 Drucks. Nr. 95.
*) Drucks. Nr. 140. 1878.
7 ) § 577 der Prot 1878.
°) 8 408 des Prot.