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freundlichen Ultramontanen, die Förderer des religiösen Unfriedens
in Preußen. Da jedoch diese wie die übrigen reichsfeindlichen
Parteien ihre Existenz durch jene bedroht sehen und zu der Ueber
zeugung gelangt sind, daß einer solchen Gefahr nur durch die Ein
führung von nothwendigen Socialreformen vorgebeugt werden kann,
so läßt sich hoffen, daß sic gemeinsam die Neichsrcgierung, wenn
auch widcrlvillig, in ihren Rcformbestrebungen, wie schon jetzt er
sichtlich, unterstützen werden. Die Socialdemokraten könnten zwar,
wenn die Zerfahrenheit und Uneinigkeit in den Reihen ihrer Gegner
fortdauert, diese durch Ueberrumpeluug niederwerfen, allein ein
lebensfähiges commnnistischcs Reich vermögen sie aus den oben
dargelegten Gründen nimmer zu errichten, vielmehr würden sie
dasselbe bald wieder zusammenbrechen sehen; ein Beispiel der
raschen Vergänglichkeit socialdemokratischer Regierung hat in neuerer
Zeit die Pariser „Commune" (1871) gezeigt. — Was nun die
andauernde Störung des religiösen Friedens anlangt, so kann
sic zweifelsohne die sittliche und materielle Wohlfahrt eines
Staates auf unabsehbare Zeiten ernstlich gefährden. Als in Folge
der Revolution von 1848 das Prestige der römischen Curie mehr
und mehr sank und ihr sogar die weltliche Herrschaft über den
Kirchenstaat verloren ging, sannen die Jesuiten darauf, für das
Papstthum nicht nur Beides wieder zu gewinnen, sondern auch
dasselbe zu einer solchen Omnipotcnz empor zu heben, wie sie der
ehr- und hcrrschsüchtigc Papst Gregor VII. erreicht hatte. Zur
Vornahme der zu diesem Zwecke für dienlich befundenen Experimente
schien das wieder erstandene Deutsche Reich unter einem protestan
tischen Kaiser ìmd insbesondere das Königreich „Preußen" das ge
eignetste Versuchsfeld zu bieten. Die Jesuitcupartci übernahm die
Leitung. Sie provozirtc den s. g. Culturkampf gegen Preußen und
um in demselben eine möglichst scharfe Waffe zu besitzen, glaubte
sie eine solche in dcm Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes ge
funden zu haben; und deshalb ward es verkündigt, trotz der ener
gischen Einsprache mehrerer Bischöfe und ihrer Vorhersagung, daß