Full text: Handbuch der vergleichenden Statistik der Völkerzustands- und Staatenkunde

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VORWORT. 
nötliigt. Eine solche „Fixirung des Momentes,“ wie man forderte, 
lag tliatsäcldich absolut ausser dem Bereiche der Möglichkeit; geradezu 
überall musste man sich dazu bequemen, Daten aus verschiedenen 
Zeitmomenten als Grundlagen zu benützen. Könnte man aber auch 
eine solche „ruhende, stillstehende Wirklichkeit“ finden, könnte man 
einen solchen „Querdurchschnitt durch die geschichtliche Entwicklung 
des Lebens“ herstellcn, so würde man nichts Anderes, als ein leb 
loses Bild, jenes amputirte Glied, oder ein geisttödtendes Zififernmecr 
erhalten.— Das ganze staatliche und gesellschaftliclic Verhältniss lässt 
sich überhaupt nur begreifen und würdigen, wenn man dessen Ver 
gangenheit, dessen Entwicklung aus dieser Vergangenheit, mit betrach 
tet; es ist dies um so nothwendiger, als viele Erscheinungen der 
Gegenwart und selbst der Zukunft dadurch bedingt sind. Insbeson 
dere würde die Kenntniss der jetzigen statistischen Verhältnisse eine 
vollkommen ungenügende, beinahe in jeder Beziehung unzureichende 
sein, wenn man einer Kenntniss der frühem Zustände, zumal bis zum 
Beginne der ersten franz. Revolution zurück, entbehrte. Weitaus die 
meisten Staaten haben ihre jetzige innere und äussere Gestaltung in 
Folge jener Revolution erlangt. Wer irgend die Verhältnisse näher 
betrachtet, wird es nicht als gleichgültig ansehen, aus welchen Be- 
standtheilen ein Staat gebildet ist. Regierungen und Regierte kennen 
den Unterschied zwischen alten oder neu erworbenen Provinzen. Achn- 
liche Unterschiede ergeben sich in den socialen Fragen. So nehmen 
wir denn für die Wissenschaft der Statistik das Recht in Anspruch, 
sich nicht auf die Gegenwart beschränken zu müssen, sondern sich 
auch über vergangene Verhältnisse und Zustände zu verbreiten. 
Man hat häufig hervorgehoben, dass die Statistik nach zwei 
Seiten hin in naher Beziehung stehe: nämlich zur Geschichte und 
zur Politik. Fast unbegreiflich ist es uns aber, dass man die in 
mannichfacher Hinsicht noch viel nähere Beziehung der Statistik zu 
einer andern Wissenschaft, zur Nationalökonomie, theoretisch bis 
jetzt ganz übersehen konnte. Und doch ist es einleuchtend, dass die 
Volkswirthschaftslehre (Nationalökonomie) eine allseitige feste Begründung 
erst erlangen kann vermittelst der durch die Statistik festzustellenden Ihat- 
sachen. Je mehr nun aber die Volkswirthschaftslehre zur gebührenden 
Anerkennung gelangt, um so mehr tritt naturgemäss auch die hohe 
Wichtigkeit der Statistik hervor. So dient diese letzte nicht nur zur
	        
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