/ ^
— 3° —
I
I
Mittelalters Stadtrecht verliehen worden ist (es mögen
ihrer etwa 3000 gewesen sein), so erblicken wir das ganze
Land in Abständen von durchschnittlich 4—5 Wegstunden
im Süden und Westen, von 7—8 Stunden im Norden
und Osten mit Städten übersäet. Nicht alle haben gleiche
Bedeutung gehabt; aber die meisten waren doch zu ihrer
Zeit (oder bemühten sich wenigstens zu sein) die Mittel-
puncte territorialer Wirtschaftsgebiete, welche ebenso ein
für sich abgeschlossenes Leben führten, wie früher der
Frohnhof. Um von der Grösse dieser Gebiete eine Vor
stellung zu gewinnen, denken wir uns das gesamte Terri
torium gleichmässig auf die vorhandenen Stadtrechte ver
teilt. Es kommen dann im Südwesten von Deutschland
durchschnittlich 2—21/2 Quadratmeilen auf eine Stadt, im
mittelsten und nordwestlichen Deutschland 3—4, im öst
lichen 5—8. Stellen wir uns die Stadt immer im Mittel-
puncte eines solchen Gebietsabschnittes vor, so über
zeugen wir uns, dass fast überall in Deutschland der Bauer
aus der entferntesten ländlicnen Niederlassung den städti
schen Markt in einem Tage erreichen und am Abend
wieder zurück sein konnte.“*)
So verliert also infolge einer langsamen Umwandlung,
die Jahrhunderte lang gedauert hat und heute noch nicht
abgeschlossen ist, die Hausgemeinschaft einen Teil ihrer
Unabhängigkeit.
Aber während der ganzen Periode der Stadtwirtschaft
bleiben die alten familiär-communistischen Formen be
stehen ; die meisten Lebensbedürfnisse werden immer noch
in der Wirtschaft hergestellt, in der sie verzehrt werden;
die Arbeitsteilung ist noch wenig entwickelt; der nationale
und internationale Handel befasst sich nur mit einer kleinen
Zahl von Waren: so mit den Gewürzen und Früchten
des Südens, mit den getrockneten und gesalzenen Fischen
*) K. Bücher, Entstehung der Volkswirtschaft, I. Aufl.
pag. 49—50.