Object: Der Pommersche Landbund

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daß, abgesehen von unwesentlichen Einzelheiten die Ernte säst überall ein 
gebracht wurde, ohne daß es zu großen Differenzen zwischen Arbeitgebern 
und Arbeitnehmern gekommen ist. Anders war es in Pommern. Von 
Pommern schrieb die ganze Presse während der Ernte, Pommern war das 
Tagesgespräch. Woher kam es, daß gerade Pommern diese .Ausnahme 
machte? Pommern, das doch inbezug auf die Agrarwirtschaft auch nicht 
anders zu bewerten ist, als Ostpreußen, Westpreußen, Schleswig-Holstein 
oder Mecklenburg, Brandenburg und die Provinz Sachsen. Ich bin als 
Vertreter der Reichsregierung und der Preußischen Regierung sehr häufig 
in Pommern gewesen, um Informationen einzuholen, oder bei Beilegung 
von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mitzuwirken. 
Ich hatt? die Wahrnehmung gemacht, daß von dem Zeitpunkt an, 
wo die Arbeitgeber in Pommern in den Besitz von 
Waffen gekommen sind, der Widerstand der Arbeit 
geber, des Pommerschen Landbundes, eingesetzt hat. 
(Lebhafte Zustimmung.) Wir haben durch unsere Informationen aus 
Pommern erfahren, daß fortgesetzt große Wassenverteilungen stattfinden. 
Die Sach? ist öffentlich in der Presse erörtert worden. Sie kennen die Ge 
schichte von dem Rundschreiben des Pommerschen Landbundes an die Land 
räte, wonach Spaten zu Moorkultur-Arbeiten zur Verteilung gelangen 
sollten, die sich hinterher als Gewehre und Maschinengewehre herausge 
stellt haben. Es wurde dann gesagt, daß die Waffen an die Einwohnerwehr 
zur Verteilung gelangen sollten. Es ist aber festgestellt,, daß die Waffen 
nicht an die Einwohnerwehren ausgeliefert, sondern in Verstecke gebracht 
wurden, und nur Gutsbesitzern in Pommern zur Verfügung gestellt werden. 
Bei einer Konferenz im August hat der Oberpräsident von -Pommern fest 
gestellt, daß bis dahin in Pommern ca. 36 000 Gewehre und 140 Maschinen 
gewehre verteilt worden sind. (Zuruf: Das langt nicht!) Wir konnten die 
Wahrnehmung machen, daß mit dem Besitz von Waffen der Widerstand der 
Arbeitgeber bei Lohnbewegungen zugenommen hat. Wir erleben sogar 
jetzt Streiks, nachdem die Ernte nahezu beendet ist, also jetzt im Winter, 
wo man sonst in der Landwirtschaft gar nicht hätte denken können, daß 
gestreikt wird. Hie Arbeiter müssen sich jetzt wehren gegen ganz brutale 
Maßregelungen ihrer Vertrauensleute, die während des Sommers dafür 
gesorgt haben, daß die Arbeitnehmer wenigstens so viel für ihre Arbeit er 
hielten, daß sie sich das allernotwcndigste anschaffen konnten an Kleidern, 
Schuhen usw. (Zuruf: So weit reicht es noch nicht!) Diese Maßregelungen 
sind so zahlreich, daß sich allgemeine Empörung auch derer bemächtigt, die 
bisher zu den ruhigsten und geduldigsten, zu den unaufgeklärtesten und 
dümmsten unter den deutschen Arbeitern gerechnet wurden, der Landarbei 
ter. Es war früher gar nicht denkbar, daß Landarbeiter in dem Maße wie 
heute mit Solidaritätsgefühl für diejenigen, die sich für sie ins Feuer 
legen, erfüllt werden konnten. Zu unserer Freude müssen wir feststellen^ 
daß nach dieser Richtung unter den Landarbeitern eine Gesinnung einge 
kehrt ist, die nur zu begrüßen ist, auch wenn es'manchmal zu Ausschreitun 
gen führt, die die Folge der Unbildung sind, in der man die Landarbeiter 
seit Jahrhunderten gehalten hat. 
Die Sprache in dem Mitteilungsblättchen und in den Flugblättern des 
Pommerschen Landbundes und der Pommerschen agrarischen Presse über 
haupt, wird immer frecher, immer herausfordernder. Dieser Besitz von 
Waffen ist ein Umstand, der uns mit schwerer Sorge erfüllt hat. Wir 
hoffen, daß das der Regierung die Augen öffnen wird, nachdem ihr diese 
die ganzen Monate nicht aufgegangen' sind. (Zuruf: Gustav hat geschlafen!)
	        
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