IQ 1. Abschnitt. Wirtschaftliche Konzentration vor der politischen Einigung.
1. Handelsrecht.
Im Dezember 1856 wurde die Nürnberger Kommission zur Beratung eines
allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches eingesetzt. (Schlußsitzung im März 1861.)
Damit wurde für das deutsche Handelsrecht eine einheitliche Grundlage geschaffen.
Es bürgerte sich rasch ein und bewährte sich in säst 40jähriger Praxis. Infolge
Fertigstellung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergab sich jedoch die Notwendigkeit, auch
das Handelsgesetzbuch nach Form und Geist mit dem Bürgerlichen Recht in Ueberein
stimmung zu bringen.
Mitte der 60er Jahre beschäftigte die öffentliche Diskussion die Frage der
Regelung der Rechtsstellung und Haftung der sich rasch ausbreitenden Genossen-
schaften (Konsumvereine und Gewerbebanken). Diese Regelung erfolgte durch Gesetz
vom 4. Juli 1868 und 12. April 1896.
2. Maß und Gewicht.
Das langjährige Bestreben des Gewerbe- und Hnndelsstandes nach einheitlichem
Maß und Gewicht fand am Zollverein und der Notwendigkeit, die Technik der
Warenverzollung zu vereinfachen, einen neuen Stützpunkt; im Jahre 1840 erfolgte
die Einführung des sog. Zollzentners.
Mit der Vereinheitlichung des Maßwesens hing der Gesetzentwurf vom Jahre
1856 betreffs Einführung eines gemeinsamen Ellenmaßes in den Zollvereinsstaaten
zusammen.
Eine einheitliche Maß- und Gewichtsordnung wurde für den norddeutschen
Bund, nachdem einige deutsche Staaten schon zu Anfang der 60er Jahre vorangegangen
waren, im Jahre 1868 erlassen und mit der Gründung des Reiches zum Reichs
gesetz erhoben.
Das Reichsgesetz bezweckt Sicherung der Urmaße (Mutter-, Normalmaße,
Dezimalsystem), Bestellung von Eichämtern, die nach ben amtlichen Kopien der Ur
maße alle für den Verkehr bestimmten Maße zu prüfen und die richtig befundenen zu
stempeln haben, und das Verbot des Gebrauchs ungestempelter Maße im Verkehr. Um
auch jede spätere, absichtliche oder unabsichtliche (etwa durch Putzen hervorgerufene)
Aenderung der gestempelten Maße zu verhüten, ist die fortwährende polizeiliche Auf
sicht eingerichtet.
3. Ar il n z u m lauf.
Noch mehr als im Maß imb Gewicht machte sich im Münz- und Geldumlauf
die territoriale Zerrissenheit Deutschlands fühlbar. Das Geldwesen zeigte unge
achtet der raschen Entwicklung des Geld- und Bankverkehrs noch Mitte des vorigen
Jahrhunderts große Verwirrung. Zwei Drittel der umlaufenden Zahlungsmittel
waren für die öffentlichen Kassen unbrauchbar und hatten keine gesetzliche Zahlungskraft.
Ein Kulturbild von den Münz- und Geldzustanden aus der Zeit des alten deutschen
Bundes geben uns folgende in den württ. Handelskaminerberichten von 1864 und 1867 wieder
gegebenen Spezisikationen.
Die vom Jahre 1864 über einen ca. 7000 fl. betragenden Kassenbestand einer Fabrik
nimmt einen Raum von nahezu zwei Druckseiten ein. In der Kasse befanden sich neben
24 Kronentalern doppelte, ganze und halbe Franken, ferner ca. 12 verschiedene Talerarten, neun
Gulden- und fünf Kreuzersorten; ferner waren 262 österr. Guldenstücke (= 305,,g fl.), 251