Full text: Die Meistbegünstigung und unser handelspolitisches Verhältnis zur Nordamerikanischen Union

22 v. Schwerin-Ldwitz, Unset Verhaltnis zur Nordamerikanischen Union. 
Sollte ich mich mdessen in dieser letzterm Annahme auch tauschen, 
d. h. sollte wirklich die Gefahr eines uns unerwunschten Zollkrieges so nahe- 
liegen, wie man dies in gewissen Kreisen annimmt, so meine ich, durften 
mir uns auch dadurch nicht abhalten lassen, bei der jetzigen Regelung 
unserer Handelsbeziehungm zur Union aus vollster Gleichberechtigung mit 
den ubrigen Vertragsstaaten der Union und aus vollster Gegenseitigkeit 
zu bestehen. Wollten mir hierauf aus Furcht vor einem Zollkrieg ver- 
zichten, so wurde mir dies nicht nur sehr unklug, sondern auch sehr un- 
wurdig, d. h. mit der heutigen politischen und wirtschaftlichen Stellung 
des Deutschen Reiches vollkommen unvereinbar erscheinen. 
Durch nichts ist die Hochschutzzollpolitik der Union so gestarkt worden, 
als durch die — zwar sehr freigebige —, aber sehr menig kluge Handels- 
politik, welche England, Lsterreich-Ungarn und namentlich Deutschland 
in den letzten Dezennien der Union gegenuber verfolgten. 
So oft im amerikanischen Kongretz oder Senat von gematzigterer 
Seite die Mahnung ersolgte, mit der Absperrungspolitik doch nicht zu 
meit zu gehen, so oft man darauf hinwies, datz die in den Sektionen III 
und IV der Dingley-Akte dem Prasidenten gegebenen Befugnisse nicht 
ausreichten, um sur Zollvergunstigungen, welche man wunschte, gleich- 
wertige Gegenleistungen anbieten zu konnen, wurde solchen Mahnungen 
von den „stand patters 1 ' stets mit dem kurzen Hinweis darauf begegnet, 
datz diese Befugnisse ja immer noch ausgereicht hatten, um die Union 
in England, Osterreich-Ungarn und Deutschland vor Differm- 
zierungen zu bewahren, datz aber die Differenzierungen, welche die Warm 
der Union in an der en Landern wie Frankreich, Rutzland, Jtalien, 
Portugal oder der Schweiz erfuhren, von keiner so grotzen Bedeutung 
seien, datz sie eine Erweiterung der Befugnisse des Prasidenten zur Ge- 
wahrung von Zollnachlcissen rechtfertigten?") 
Erst wenn die amerikanischen Warm auch in England, Osterreich- 
Ungarn und namentlich Deutschland mangels angemessmer Gegenleistun- 
gm differenziert werdm sollten, wird vielleicht ein neuer Reziprozitats- 
Kongretz den Senat umzustimmen und von der Notwmdigkeit weiter- 
gehender Konzessionen zu uberzeugen vermogen.") Es liegt also nicht 
nur im eigenen wirtschaftlichen Jnteresse Deutschlands, sondern zu- 
gleich auch im Jnteresse anderer europaischer Staaten und ihrer Unter- 
'°) Man vergleiche hiernber auch die Verhandlungen des diesjahrigen Rezi- 
prozitats-Kongresses. 
Zu dieser Erkenntnis scheint man ja neuerdings selbst in dem freihcindlerischen 
England gelangt zu sein.
	        
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